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Zuger Firma vertreibt heikle Kreditkarten

Tuesday, May 8th, 2007

Eypo lockt mit Kreditkarten ohne Bonitätsprüfung. Hinter der Zuger Firma stecken Personen mit heikler Vergangenheit.

Von Christian Bütikofer

In der Schweiz werden rund ein Viertel der Kreditkartenanträge an Privatpersonen abgelehnt – in anderen Ländern sind es noch mehr. Dieses Potenzial nutzt die Zuger Firma Eypo.

Sie wirbt im Internet für «Kreditkarten ohne Bonitätsprüfung» – und den Vertrauen erweckenden Logos von Visa und Mastercard. Dabei handelt es sich nicht wirklich um Kreditkarten, sondern um so genannte Debitkarten. Der Unterschied: Der Kunde muss zuerst Geld einzahlen, bevor er es via Karte ausgeben kann – verbunden mit saftigen Gebühren.

Auf den ersten Blick würde man dem 32-jährigen Herrn mit dem Kurzhaarschnitt nicht glauben, dass er in der Finanzbranche tätig ist. Alexander Herr arbeitet für Eypo. Sein dickes Lederportemonnaie ist voller Visa-Debitkarten. Er legt sie auf den Tisch, sie schimmern schwarz, grau, glänzen silbern und golden. Auf eine ist er besonders stolz: «Auf die kann man das Foto seines Kindes aufdrucken – wo ausser bei Eypo gibt es das?»

Ermittlungen wegen Betrugverdachts

Hinter Eypo steckt ein Firmengeflecht, das seinen Ursprung im Raum Köln hat. Zuerst hat es in Deutschland im Kleinkreditgeschäft mitgemischt. Gleichzeitig machten Herrs Firmen den Leuten, die eigentlich nur einen Kleinkredit wollten, mindestens seit 2003 auch eine «Kreditkarte ohne Bonitätsprüfung» schmackhaft, die von einer libanesischen Bank herausgegeben wurde.

Bald hagelte es Reklamationen, weil das Plastikgeld angeblich nicht funktionierte oder monatelang nicht geliefert wurde, auch wenn die Gebühren bereits überwiesen waren. «Wir machten viele Anfangsfehler», meint Herr dazu.

Die Staatsanwaltschaft Köln leitete Untersuchungen wegen Betrugsverdachts gegen ihn und eine Person aus seinem Firmenumfeld ein. Herr behauptete gegenüber dem «Tages-Anzeiger», die Untersuchung sei eingestellt worden. Der zuständige Staatsanwalt in Köln verneint dies.

2004 verlegen Herr und sein Partner ihre Aktivitäten in die Schweiz – vier neue Firmen entstehen: die Kredit und Kapital Gruppe Zürich und die Futura Securitas Stiftung, die Kleinkredite versprechen, Eypo, die für Debitkarten zuständig ist, sowie Swiss Inkasso, die Gelder eintreibt.

Die Sitzverlegung ändert nichts an der Kundenzufriedenheit. Es kommt zu massiven Reklamationen und Anzeigen, weil auch die neuen Kartenbesteller ähnliche Erfahrungen machen wie jene in Köln. «Diese Anzeigen wurden alle fallen gelassen», sagt Herr. «Bei 40 000 Kunden gibt es immer welche, die sich beschweren.» Der zuständige Zuger Untersuchungsrichter Kurt Müller will sich zu Herrs Aussagen und Eypo nicht äussern.

Bei den neuen Schweizer Firmen manifestiert sich erstaunliches Geschäftsgebaren. Die Futura Stiftung hat sich die Unterstützung «in Not geratener Verbraucher und Gewerbetreibender» auf die Fahne geschrieben. Bereits bevor sie offiziell im Handelsregister existiert, beruft sie sich auf 14 000 Mitglieder. Zudem wirbt sie fleissig für Eypo-Debitkarten.

Statt der gesetzlich vorgeschriebenen 50 000 Franken wird die Stiftung nur mit 5000 Franken Kapital ausgestattet. Als die Eidgenössische Stiftungsaufsicht interveniert, reagieren die Verantwortlichen nicht. Die Stiftung wird von Amtes wegen gelöscht. Die Inkassofirma Swiss Inkasso ist offiziell in Zürich gemeldet, doch die Gebäudeverwaltung weiss nichts von ihrem Mieter, einen Briefkasten sucht man in der Stadt vergeblich.

Zu Herrs Umfeld gehörte auch die inzwischen aufgelöste Firma Webcom. Ihr gehörte eine Internetseite, die für ein Pyramidensystem warb. Ohne zu arbeiten, sollte man sein Geld angeblich verdoppeln. Die Webcom schaltete Werbung für Eypo. Der Slogan: Eypo sei durch die Schweizerische Bankenkommission zur Ausführung ihres Geschäfts berechtigt. Eine solche Bewilligung erteilte die Behörde indes nie. Darauf angesprochen, hiess es bei Eypo, man habe mit der Webcom nichts zu tun, sei bloss «Werbepartner». Seltsam: Die Webcom-Internetseite wurde auf Herrs Name registriert.

Verbindungen in den Libanon

Wie sich weiter zeigt, sitzen Leute aus Herrs Umfeld auch im Libanon. Der 68-jährige Walid El Houri bezeichnet sich als Partner von Eypo, was Alexander Herr bestreitet. Recherchen des «Tages-Anzeigers» legen indes nahe, dass zumindest eine Zusammenarbeit zwischen El Houris und Herrs Umfeld bestand. El Houris libanesische Firma Aminex soll als Offshore-Kreditkartenfirma im Jahr 2001 Transaktionen für über 400 Millionen Dollar abgewickelt haben.

Im Börsenboom 1999 plante El Houri mit der ein paar Monate alten Firma Stadiumstore aus Florida den Börsengang in Deutschland. Die Firma existiert schon lange nicht mehr – aber zur kurzen Blütezeit agierten für sie auch Personen, die im Eypo-Umfeld wieder auftauchen.

Es ist wohl kein Zufall, dass Walid El Houris Sohn A. bis Anfang 2006 laut einem Eypo-internen Dokument Partner und Generalbevollmächtigter von Alexander Herrs Eypo war. Seinen Namen findet man mit jenem von Herr auch auf dem Briefkasten der Swiss Inkasso. Dieser ist nämlich inzwischen entdeckt – nicht am Firmensitz in Zürich, sondern in einer Chaletsiedlung in Oberterzen. Mit wunderbarer Aussicht auf den Walensee.

© Tages-Anzeiger; 08.05.2007