Gewinnversprechen und «Gratis»-Angebote im Internet: Der Bund warnt, die Zuger Justiz untersucht.
Von Christian Bütikofer
Immer häufiger fallen Konsumenten auf vermeintliche Gratis- und Probeangebote oder Gewinnversprechen im Internet herein, die sich später als teure Abonnemente entpuppen. Die deutschen Hintermänner dieser Tricks stammen aus dem Raum Frankfurt am Main und sitzen heute mehrheitlich in Zug (TA vom 4. September); von dort beackern sie die Schweiz, Deutschland und Österreich.
Nicht nur das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) warnt nun offiziell vor diesen Geschäften, auch die Zuger Kriminalpolizei nimmt sich auf Grund zahlreicher Beschwerden des Firmengeflechts an. Petra Lehmann vom Dienst für Wirtschaftsdelikte der Kriminalpolizei Zug bestätigte, dass gegen die Firma IFK Holding AG (früher IFK Institut für Konsumforschung AG) seit Monaten ein Ermittlungsverfahren läuft.
Weitere Strafanzeige in Zug
Diese Firma wurde im Juli 2004 vom 26-jährigen Faustus Eberle gegründet. Er ist auch Verwaltungsrat der Europe Holding AG; in Frankfurt existiert ein Firmenzwilling namens Europe Media AG. Mit der Zuger Holding werden in der Schweiz neue Unternehmen gegründet, so auch die Saleshouse AG mit Robert Juric als Verwaltungsrat. Sowohl er wie auch Eberle benutzten die gleiche Zuger Wohnadresse; beide sassen im Frankfurter Firmenzwilling Europe Media.
Eine weitere durch Eberles Zuger Holding gegründete Firma, die Xentria AG, bietet auf der Webseite Sportexperten.com Wetten an. Dort wird behauptet, man sei bloss «Vermittler» der Wetten – Reto Brand vom Bundesamt für Justiz sieht das anders: «Das dürfte gegen das schweizerische Lotteriegesetz verstossen.» Er wird die Strafverfolgungsbehörden informieren.
Ein dem TA vorliegendes Dokument zeigt: Auch in Österreich interessiert sich die Polizei für die Gewinnversprechen-Masche. Dort sorgt zurzeit die Winterthurer Firma Joto Marketing GmbH des 33-jährigen Tobias S. mit Massentelefonaten für Furore – genau die gleiche Aktion zog er dieses Jahr bereits in Deutschland mit seiner Top Tel Telemarketing durch: Zur Anforderung eines «sicheren Gewinns» wird auf eine teure Mehrwertnummer verwiesen. Fordert der Konsument den Gewinn an, wird er lange an der Leitung gehalten und erfährt erst am Ende des Gesprächs einen «Gewinncode». Mit diesem Code kann er dann seinen «sicheren Gewinn» schriftlich anfordern. Wie bei Tobias S. Top Tel in Deutschland, so wurden auch seiner Joto Marketing in Österreich die Mehrwertnummern entzogen. Laut dem Winterthurer «Landboten» stellte die Polizeidirektion München in der Schweiz wegen der Top Tel ein Rechtshilfegesuch.
Tobias S. unterhielt mit einer Eberle-Firma Geschäftsbeziehungen, und wie Eberles, so reicht auch sein Radius bis nach Frankfurt: Dort ist er Geschäftsführer der Merkur Telecomservices GmbH.
Warnbroschüre des Seco: http://www.seco.admin.ch/dokumentation/publikation/00035/00038/02033/index.html?lang=de
© Tages-Anzeiger; 09.10.2006