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Der Herr ist wieder da – mit blonder Verstärkung

Tuesday, July 20th, 2010

Der ehemalige Kreditkarten-König Alexander Herr hat ein neues Spielfeld gefunden: Der deutsche “Wahlschweizer” beackert seit Mai 2010 den deutschen Markt per Multilevel-Marketing (MLM) mit MonaVie, einem Wellness-Drink.

Ein Wundermittel für Dicke

Noch 2009 war er vom Superdrink “Bio Life Slim” angetan, der schlank macht – er selbst hat damit viele viele Kilos (deren 18!) verloren, wusste er zu berichten. Schon den “Slim” brachte er per MLM durch die Firma Unicity unter die Leute. Offenbar brauchte Herr nach dem Abnehm-Drink den Fitness-Drink – voilà: “Mona Vie”.

Nun hat Herr gerade seine Promotour (die “Extravaganza-Tour”) durch die Schweiz und Deutschland hinter sich. Er hat sicher viele Kunden und Geschäftspartner gewonnen. Denn jeder, der mitmacht und sich ein wenig anstrengt, selbst wieder Kunden zu finden, der wird ganz ganz reich.

Vielleicht trat Herr während seinen extravaganten Shows auch so überzeugend auf, wie sein Kollege aus den USA (von dort kommt der Drink) und tat es ihm gleich? Der nämlich verliess das Unternehmen, um die vielen Millionen (die er selbst hätte einstecken können) den Kunden/Mit-MLMler zu überlassen: Die virtuelle Mona Vie-Show

Mit der Eypocard sorgte Herr für massiven Ärger

Mit dem “gelernten Metaller” Alexander Herr hatte ich bereits vor Jahren das Vergnügen. Damals vertickerte er aus Deutschland und der Schweiz die Pseudo-Kreditkarte Eypocard aus Lettland durch seine Firma Eypo – das Firmengeflecht dahinter war nicht von schlechten Eltern.

Illustre Partner

Während jenen Recherchen traf ich bei der Eypo unter anderem auch auf die illustren Herren Stefan Oberholzer (ursprünglich ein Wirt aus dem Wallis) und Guido Colombo – beide mischten beim Millionen-Abzockprojekt der “rauchfreien” Zigarette NicStic mit. Das massive Firmengeflecht von NicStic wurde von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma erst nach Jahren stillgelegt. Hunderte Kleinanleger wurden durch die NicStic-Blase geschädigt.

Colombo sorgte nicht nur mit der Zigarette für Aufsehen. Die Libidfit AG etwa verhökerte Potenzmittel übers Internet. Darauf gabs bei der Libidfit eine Hausdurchsuchung, mutmasste der “Sonntagsblick” 2004. Einziger Verwaltungsrat: Guido Colombo, der laut “SoBli” übers Internet neben den Zigis auch noch Hardcore-Pornos verkaufte.

Alexander Herrs Eypo AG war ebenso dem Untergang geweiht. Jahrelang machte die Firma vor allem mit Negativschlagzeilen von sich reden. Kunden wurden abgezockt, das Backoffice der Eypo stand völlig neben den Schuhen. Herrs ausrangierter BMW war damals neben der Firma parkiert, darin Geschäftskorrespondenz in Güselsäcken (für meine deutschen Leser: Abfallsäcke). Mit einem BMW 850i als “Sacheinlage” (Chassis-Nummer WBAEG21060CB01490, Jg. 90) wurde in Zürich durch die Eypo AG die Swiss Inkasso GmbH gegründet. Geschäftsführer: Alexander Herr.

Die Schweizer AG für schlappe 3900 Euro

Für Herr scheint sich die Kreditkartenschiene mit Stützpunkten Zug und Lettland gelohnt zu haben. Immerhin fand er in Lettland eine neue Frau: Ilze Lauberte. Die Blondine nahm gleich in Alexander Herrs Firma Intma Internet & Marketing AG Platz und gibt als Wohnsitz die Schweiz an. So richtig zu entscheiden, ob sie nun in Deutschland an Herrs Burbacher-Adresse logiert oder doch in der Innerschweiz lebt, fällt ihr offenbar schwer. Auch Alexander Herr laviert mit seinem Wohnsitz zwischen Deutschland und der Schweiz hin und her.

Die “Internetfirma” Intma – Spezialgebiete TV-Werbung, Affiliate-Marketing, Suchmaschinen-Optimierung – bietet suchenden Deutschen “neue” Aktiengesellschaften für unter 3900 Euro an…

Die Intma ist aber nicht genug. Multiverwaltungsrätin Ilze Lauberte-Herr sitzt/sass auch in der Transfinanz AG, der Sunvalley Immobilien AG, der Crown Estate AG, IIG Immoinvest AG, Zenox Finance AG, der Real Estate Success Trading AG und der Atlas Hotelbetriebs AG im Verwaltungsrat.

Bei der Atlas steht wieder Ärger vor der Tür. In Deutschland wurde gegen sie das Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen 404 IN 383/10). Vertreterin: Ilze Lauberte. Und das Handelsregisteramt Schwyz musste die Atlas öffentlich auffordern, endlich wieder einen ordnungsgemässen Zustand herzustellen.

Alexander Herr arbeitet nicht nur als erfolgreicher Vertriebler, der ein “Traumauto” in der Garage stehen hat, wie er dem MLM-Magazin “Obtainer” verriet. Nebenbei geht er offenbar immer noch seinen Industriemechaniker-Künsten nach.  In der HERR Industry System AG hat er inzwischen auch noch Platz genommen.

Der rührige Geschäftspartner des Lukas Reimann

Monday, February 16th, 2009
SVP-Nationalrat Lukas Reimann nutzt das Internet intensiv. Dabei hilft ihm eine schillernde Person, die auf Websites politische Gegner beschimpft.

Von Christian Bütikofer

Wie kein anderer Nationalrat weiss der St. Galler SVP-Mann Lukas Reimann, 26, das Internet für sich zu nützen. Dafür nimmt er die Dienstleistungen von Geschäftspartner Reimut Massat, 34, und dessen Chamäleon Media in Anspruch.

Gegenüber dem TA sagte Reimann, er habe «politisch kaum Kontakte» mit Massat, «schon gar nicht im Internetbereich».

Massat betreibt verschiedene Blogs für Reimann, verlinkt auf dutzenden Webseiten zu Reimanns Websites und versucht, ihn damit bei Google prominent zu platzieren. Massat habe ihm dies gratis angeboten, sagt Reimann, er habe ihm dafür noch nie etwas bezahlt.

Verhöhnung von Widmer-Schlumpf

Kurz vor der Abstimmung über die Personenfreizügigkeit kamen Reimann und Massat ins Gespräch, weil dessen Ex-Geschäftspartner Markus Gäthke die unseriöse Website Come-to-switzerland.com aufschaltete.

Nachdem der TA diese Verstrickungen bekannt machte, wollte Gäthke seine Site nur noch als «Satire» verstanden wissen und behauptete, er habe allein gehandelt. Vor seinem späten Dementi gab er an, die Seite für Dritte zu betreiben, dann versteckte er sich tagelang und löschte Spuren zu Massat.

Dessen Chamäleon Media unterhält zahlreiche teilweise anonyme Websites, in denen Bundesräte und politische Gegner lächerlich gemacht werden. So etwa die Website Gargamel.info. Dort wird Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf als «die wohl widerwärtigste Person» der Schweizer Politik beschrieben, und man bekommt den Tipp: «Halten Sie einen Eimer zum Erbrechen in der Nähe.»

Das Design der Website heisst «Reimann». Lukas Reimann kann sich keinen Reim machen, warum sein Name dort auftaucht. «Ich habe nichts mit dieser Seite zu tun», sagte er dem TA. Massat erklärt: «Wir wollten die Website von Reimann neu gestalten. Einen Teil des Codes dieser Website benutzten wir auch für die Gargamel-Site.»

Massat ist Direktor der Schweizerischen Wertpapierabrechnungsgesellschaft (SWAG). Für sie fand er in Reimann einen prominenten Mitgründer. Die SWAG fungiert nach eigenen Angaben als «Finanzintermediär», ist laut Finanzmarktaufsicht (Finma) bis heute aber keiner Selbstregulierungsorganisation (SRO) unterstellt und wird auch nicht von der Finma beaufsichtigt. Seit 2000 unterstehen Finanzintermediäre dem Geldwäschereigesetz und müssen sich einer SRO oder der Finma unterstellen. Diese trifft jetzt Vorabklärungen, was es mit der SWAG auf sich hat, wie Pressesprecher Tobias Lux bestätigte.

Reimann erklärte, die SWAG habe bisher keine Geschäftstätigkeit entwickelt. Massat habe ihm gegenüber gemeint, weil die Firma bloss vermittle, müsse sie nicht reguliert werden. Reimann betont, er habe seine Pflichten als Verwaltungsrat wahrgenommen und kein Salär bezogen.

Konkretere Hinweise erhält man, wenn man Massats Vergangenheit näher betrachtet. Vor der SWAG gründete er die Schweizerische Börsenabwicklungsgesellschaft (SBAG). Deren Zweck: «Finanzintermediär», der sich mit dem Wertpapierhandel beschäftigt. Auf deren Website heisst es, sie sei das «Bindeglied zwischen Depotstelle und dritten Finanzintermediären», vermittle also nur.

TA-Recherchen zeigen: Obwohl Massat keine Unterschriftsberechtigung besass, führte er in der SBAG die Geschäfte und eröffnete Konten. Im August 2006 unterstellte er die Firma der SRO Polyreg. Aber schon im Februar 2007 zahlte er den Jahresbeitrag nicht mehr, die SBAG wurde von Polyreg ausgeschlossen und Massat verliess die Firma. Wie es scheint, transferierte er das gleiche Geschäftsmodell in die neue Firma SWAG.

Zudem betreibt Massat in Zug die Firma Helvetia Treuhand-Union. Als der im Handelsregister als Domizilhalter eingetragene L. erfuhr, dass die Firma bei ihm residiere, fiel er aus allen Wolken: «Ich habe mit Massat abgemacht, dass er seine Firma sofort nach St. Gallen zügeln soll», sagt er. Denn immer wieder flatterten bei ihm Betreibungen ein. L. leitete sie an Massat weiter – und bekam sie zurück mit dem Vermerk «nicht abgeholt».

Irgendwann reichte es L. und er suchte Massat auf. Doch dieser öffnete die Türe nicht. «Erst als ich drohte, das Fenster einzuschlagen, öffnete er», berichtet L. Darauf angesprochen bestätigt Massat, zwischen ihm und L. sei die Kommunikation schwierig gewesen.

Massat legt Wert darauf, dass es bei den Betreibungen vorwiegend um eine Steuerschätzung gegangen sei. L. sei zudem für alles bezahlt worden.

Für Massat schienen die Erfahrungen mit Gläubigern jedenfalls inspirierend gewesen zu sein, und der Jungunternehmer wollte selbst im Inkasso mitmischen. Er gründete die Allgemeine Inkasso-Union (Inkasso-union.ch). Diese bietet ein Detektiv-Netz und einen «persönlichen Besuch beim Schuldner» an. Massat sagt dazu: «Diese Firma ist nicht aktiv und war auch nie aktiv. Es besteht lediglich eine Satireseite.»

Konkurs in Sicht? Ab auf die Bahamas!

Die Firmengründungen mit identischem Zweck machen stutzig. Massat trat in der Schweiz erstmals 1998 mit der Massat Treuhand in Erscheinung, die sich auch Börsengeschäfte auf die Fahne schrieb. Wie ein Ex-Mitarbeiter berichtet, wurde damals mit einem Effektenhändler geschäftet, dessen Firma von der Bankenkommission (EBK) liquidiert wurde. Darum flossen für die Treuhand keine Provisionen für bereits geleistete Dienste.

Massat legt Wert darauf, dass dabei keine Kundengelder veruntreut wurden. Anfang 1999 ging die erste Konkursandrohung ein. Im Juli 2000 übertrug Massat alle Anteile an eine Briefkastenfirma auf den Bahamas und verliess die Firma. Knapp ein Jahr später meldete die Massat Treuhand Konkurs an. Den Gläubigerforderungen von über 66 000 Franken standen ein Bankkonto mit 15 Rappen und ein Telefon im Wert von 50 Franken gegenüber.

Wenige Monate nach dieser Pleite gründete Massat die Helvetia Treuhand. Auch dieser Firma war kein langes Leben beschieden: Ende 2003 kündigte deren Domizilhalter. Bald danach wurde die Firma zwangsgelöscht, weil keine Post mehr zugestellt werden konnte.

© Tages-Anzeiger; 16.02.2009