Archive for the ‘Spam’ Category

Nutzlos-Firma Datacom verschickt Rechnung für «Datenschutz»

Monday, June 1st, 2015

Das Spielchen mit den «Zahlscheinen» (Rechnungen verschicken und schauen, wer zahlt) haben Adressbuchbetrüger jahrelang in der Schweiz durchgezogen. Nun scheint es die Firma Datacom (Schweiz) GmbH mit einem ähnlichen Trick zu versuchen.

Dieser Tage landen Fötzel wie der unten abgebildete in den Briefkästen vieler Schweizer – mit einem kleinen Betrag, den man für «anhaltendes Vertrauen in unsere Dienste» zahlen soll.

Um dem ganzen einen möglichst offiziellen bzw. amtlichen Anstrich zu geben, wird im Briefchen noch ein bisschen Paragrafen-Kauderwelsch eingefügt: «Hinsichtlich Einleitung und Vollzug von Datenlöschungsbegehren im Sinn von Art. 15 Abs. 1 DSG bei Inhabern von Datensammlungen ist nach Ablauf der Aktivierungsphase die antragsmässige Erstellung formeller Datenlöschungsbegehren mit einer regulären Bearbeitungsgebühr versehen.»

Alles klar? Eben.

Bereits 2014 tauchte die Datacom des zügelfreudigen Geschäftsführers Patrick Pascal Dütschler (31) (innert 10 Jahren hat er schon in Thun, Bolligen, Chur, Gwatt, Zürich, Bern, Lanzenhäusern und Küssnach am Rigi logiert) schon negativ auf:

Kollegen von «20 Minuten» berichteten im Oktober 2014. Dieses Jahr war die Dütschler-Truppe dann gleich von Januar bis März regelmässig Gast im TV: Bei SRF und dem Kassensturz hatte er schon die Ehre. Die Post nimmt die Truppe um Dütschler auch nicht entgegen…

Hier das neuste Dütschler-Machwerk:

Datacom-Schweiz-GmbH-Zahlschein-Schwindel-UWG-vorgetaeuschte-Geschaeftsbeziehung-Abzocke-Mehrwertnummer-Massenversand-Spam-Gesellschafter-Geschaeftsfuehrer-Patrick-Pascal-Duetschler

 

Badener Spammerwünsche zur Weihnachtszeit

Saturday, December 31st, 2011

Die Felbo AG aus dem Kanton Aargau (Baden) beglückt mich seit Tagen mit unverlangter E-Mail-Werbung, auch Spam genannt.

Die Spammer-Klitsche vertickert Solarlampen, Hewlett Packard-Computer und Drucker. Interessant, was alles so unter «An- und Verkauf und Leasing von Investitionsgütern» fällt, der eigentliche Firmenzweck der Felbo. Eigentlich betreibt die Firma einen Online-Shop mit massig IT-Produkten.

Wie es scheint, ist bei Verwaltungsrat Hans Peter Linder noch nicht durchgedrungen, dass Spam in der Schweiz seit Jahren strafbar ist. In der IT-Szene wird er sich mit solchen Spam-Aktionen bestimmt keine Freunde machen.

Die Kalashnikow des Schweizer Sockenspammers

Sunday, July 11th, 2010

Vor einigen Monaten stand ein Geschäftsmann in Obwalden vor Gericht. Er wurde Schweizweit als «Sockenspammer» bekannt, da er während Jahren Spam für Schwarze Socken und andere Produkte verschickte.

D. wurde von diversen Anschuldigungen freigesprochen (Betrug, Pornografie, Widerhandlung gegen das Waffengesetz). Allerdings setzte es wegen Nötigung eine Verurteilung ab. Das Verdikt: Eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 70 Franken, bedingt auf zwei Jahre. D. focht das Urteil an, nach dem Kantonsgericht (in Zürich wäre das das Bezirksgericht) darf sich nun das Obergericht mit dem Fall befassen.

Bemerkenswert sind da einige Dinge.

Gegen eine seiner Firmen liegen 16 Betreibungen im Wert von 126’000 Franken vor. Während seiner aktiven Spammer-Zeit gab er 2003 ein steuerbares Einkommen von schlappen 8700 Franken an, 2007 wurde ein Einkommen von 32’000 Franken deklariert, das Vermögen belief sich auf 179’000 Franken.

Die erstinstanzliche Verurteilung wegen Nötigung kassierte er, weil er ein Mitglied der Elektrogeräte-Dynastie Braun schriftlich mit allerlei nötigenden Phrasen eindeckte und ihm nahelegte, er hinterziehe Steuern. Als «politischen Newsletter» (also durch seine Spam-Infrastruktur) hätte D. das Pamphlet gerne verschickt.

Diese Idee mit dem «Newsletter» erinnert stark an eine Aktion, die eine Firma aus Ds. Umfeld gegen den Ktipp-Chefredaktor Ernst Meierhofer startete: Mit Spam versuchte man Meierhofer fertig zu machen.

Bei einer der Hausdurchsuchungen bei D. fand die Polizei eine ungarische Kalashnikov-Maschinenpistole (eine AMD-65) mit Schalldämpfer, sieben Magazinen, davon zwei geladen – an der Waffe fand die Polizei  «Schmauchspuren».

Abklärungen ergaben, dass D. sich in keinem seiner Wohnsitzkantone je um die nötige Sonderbewilligung für diese Serienfeuerwaffe bemühte.

Genfer Spammer: «Ich bin kein Spamkönig»

Friday, May 14th, 2010

Meine im «Tages-Anzeiger» veröffentlichte Recherche zum Genfer Oswald Bousseau schlug in der Schweiz einige Wellen. Etliche Medien nahmen die Story auf. So die «Aargauer Zeitung», «Le Temps», «Blick am Abend», «20 Minuten», das Branchen-Magazin Inside-it.ch und auch die «Tribune de Genève».

Sie ging der Geschichte länger nach und Kollege Fedele Mendicino schaffte es, Bousseau zum Reden zu bringen. Mir gegenüber schwieg Oswald Bousseau lieber.

Im Artikel der «Tribune de Genève» übt er sich nun in Schadensbegrenzung und droht durch seinen Anwalt Klagen an:

Oswald Bousseau annonce qu’il attaquera en diffamation les médias ayant relayé la polémique, avec parfois son nom et sa photo à l’appui: «L’honneur de mon client a été gravement mis à mal», indique son avocat.

Da bin ich mal auf Anwalt Thomas Barths Klage gespannt. Und frage mich, wie er beweisen will, dass Bousseau kein international aktiver Spammer war.


Tribune De Geneve
22 Apr 2010

Nötigung: Ex-Spammer vor Gericht

Tuesday, May 11th, 2010

Die «Neue Luzerner Zeitung» berichtete diesen Februar von einem kuriosen Gerichtsverfahren in Obwalden. A. und B. wurden verschiedener Delikte beschuldigt – sie spammten jahrelang die Schweiz mit Müll-E-Mails zu. So bot A. in den Mails nicht nur Socken an, sonderen auch Porno-DVDs. Und die hatten es so richtig in sich: Teilweise enthielten sie Piss-Szenen, was in der Schweiz verboten ist.

Kalaschnikow in der Villa

Der anwesende Reporter berichtete:

Weiter wurde A. angeklagt wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Grund: Anlässlich der Hausdurchsuchung in der Villa am Sarnersee wurde eine Maschinenpistole (Kalaschnikow) sichergestellt. Der bedeutendste Anklagepunkt lautete jedoch auf Nötigung gegen den Vermieter der Villa am See.

Zwischen Mieter und Vermieter gab es offensichtlich Zoff. Der Vermieter des Hauses stammt aus einer bekannten Unternehmerfamilie. Da dachte sich A. wohl: Der kann sich keine Auseinandersetzungen leisten – und schrieb ihm folgende Drohung:

«Nachdem sämtliche Bemühungen, die Angelegenheit gütlich zu bereinigen, gescheitert sind, ist der Einsatz unserer beruflichen Ressourcen und Kontakte durchaus eine Überlegung wert. Die bevorstehende Sitzung des Bundesgerichtes über das neue Steuergesetz in Obwalden bietet einen interessanten Ansatzpunkt, Sie als Profiteur dieses umstrittenen Steuersystems vorzustellen und auch die näheren Umstände Ihres Zuzuges und Ihr Umfeld näher aufzuzeigen.»

Das liess sich der Vermieter nicht gefallen und erstattete Anzeige wegen Nötigung.

Erst schweigen, dann «kiloweise Papier» produzieren

An der Verhandlung verteidigten sich A. und B. selbst und deckten das Gericht mit einem dicken Dossier ein. Der anwesende Reporter berichtete mir, die beiden hätten «kiloweise Papier» produziert.

Das war ziemlich erstaunlich, denn während der ganzen Vorlaufzeit verweigerte das Paar jegliche Aussagen.

Für A. und B. ging der Fall glimpflich aus. Sie wurden von diversen Anschuldigungen freigesprochen (Betrug, Pornografie, Widerhandlung gegen das Waffengesetz).

Urteil angefochten

Allerdings setzte es wegen Nötigung eine Verurteilung ab. Das milde Verdikt: Eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 70 Franken, bedingt auf zwei Jahre. An die Gerichtskosten von rund 9200 Franken muss A. 10 Prozent zahlen, 90 Prozent gehen zu Lasten des Staates.

Weiter heisst es in der «Luzerner Zeitung»:

In seiner Begründung kommt das Gericht zum Schluss, dass die Taten nicht rechtsgenüglich nachgewiesen werden können und es schliesslich auch eine Opferverantwortung gebe.

Da ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. A. focht das Urteil an. Nach dem Kantonsgericht (in Zürich wäre das das Bezirksgericht) darf sich nun das Obergericht mit dem Fall befassen.

Ein Genfer gehört zu den grössten Spammern

Monday, May 10th, 2010
An Spitzentagen filtert das Bundesamt für Informatik 15 Millionen Mails, davon sind bis zu 98 Prozent digitaler Müll. Beim Versand illegaler E-Mails mischt auch ein Schweizer mit – er wird international gesucht.

Von Christian Bütikofer

Jeden Tag filtert das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) im Schnitt über 7 600 000 E-Mails. An Spitzentagen sind es 15 Millionen. Dies zeigen die neusten Zahlen, die das Bundesamt letzte Woche veröffentlichte.

Gerade mal zwischen 2 und 3 Prozent der E-Mails sind legitime Nachrichten. Der ganze Rest ist Spam: unerwünschte Werbemails. Im besten Fall handelt es sich einfach um nervige Werbung, im schlimmsten Fall sind die Müllmails auch noch mit Viren oder Spionageprogrammen verseucht.

Millionenschaden für Bund

«Ohne wirksamen Spam-Filter würden E-Mails für die Bundesverwaltung schlicht unbrauchbar», sagt Werner Ammann, Systemspezialist des BIT. Er bewältigt den Mailmüll mit einem Kollegen für 40 000 Angestellte von Bund und einigen Kantonen. Die Kosten für die Spam-Bekämpfung kann er nicht genau beziffern.

2004 errechnete das BIT, dass der Bundesverwaltung durch Spam ein jährlicher Schaden von 2 Millionen Franken entsteht. Damals landeten in der Bundesverwaltung 7,6 Millionen Spams pro Monat – also fast so viele, wie heute durchschnittlich pro Tag anfallen. Spam kostet die Internetprovider weltweit jährlich Milliarden Dollar; gemäss Olaf Schulze von Swisscom gibt der grösste Schweizer Internetprovider Bluewin pro Jahr mehrere Millionen zur Spam-Bekämpfung aus.

Hinter Spam-Mails stecken wenige Gruppen

Ohne automatisierte Systeme und länderübergreifende Zusammenarbeit wäre die Spam-Bekämpfung aussichtslos und noch teurer. Darum arbeitet das BIT seit Jahren mit der internationalen Organisation Spamhaus zusammen – 95 Prozent des Spams lassen sich so im Voraus erledigen.

Spamhaus mit Sitz in Genf führt aktuelle schwarze Listen von Providern, die Spam verschicken. Sie arbeitet mit Behörden wie dem FBI, Interpol oder dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zusammen.

Spam-Versand ist in vielen Ländern illegal – in der Schweiz kann man dafür seit 2007 mit drei Jahren Gefängnis oder 100 000 Franken gebüsst werden.

Obwohl Spam millionenfach verschickt wird, stecken dahinter vergleichsweise wenige Personen. Spamhaus listet die weltweit aktivsten Spammer online auf – die meisten stammen aus den USA, aus Osteuropa, Russland und China. Erstmals ist auch ein Schweizer auf dieser schwarzen Liste dabei.

Unbezahlte Rechnungen

Kaum mit dem Gymnasium fertig, gründete der heute 28-jährige Genfer Informatiker Oswald Bousseau seine erste Marketingfirma. Bald darauf begann auch der Ärger. So bot er über Freischaffende etwa das Design von Firmenlogos an – nur bezahlte Bousseau die Designer wiederholt nicht. Was ihn nicht davon abhielt, die Werke eines ehemaligen Geschäftspartners weiterzuverwenden.

Bei den Kunden zog er das Geld jeweils gerne per Vorkasse ein – einige warten bis heute auf ihr Logo. Während sich Bousseau mit Limousinen in Edelklubs von Genf chauffieren liess und dem Champagnertrinken frönte, blieb er die Miete für seine Wohnung schuldig. Mit der Firma Firsteco stieg Bousseau ab 2003 ein und gründete dazu weitere Gesellschaften quer durch Europa.

Daten von SBB, UBS, CS, Novartis, Migros

Dabei bewarb er Daten-CDs mit Hunderttausenden von E-Mails und erklärte seinen Kunden, das seien alles legal erworbene Daten von Personen, die E-Mail-Werbung wünschten. Weit gefehlt: Wie unzählige Beschwerden in Foren über Jahre zeigen, wurden die Daten illegal beschafft und per Spambeworben.

Als im Jahr 2007 Spam-Empfänger gegen Bousseau klagten, konnten die Schriften nicht zugestellt werden, wie Akten der Staatsanwaltschaft Genf zeigen; sie liegen dem TA vor. Bousseaus Mutter liess ausrichten, er sei halt viel auf Reisen.

Aktuell bietet er auf der Website DecisionMakers.eu wieder Daten vieler Länder an. Die Datenbank für die Schweiz enthält E-Mail-Adressen und Telefonnummern von CEOs und leitenden Angestellten von Swiss Life, Roche, Credit Suisse, UBS, Novartis, SBB, Migros und vielen mehr.

Polizei fahndet nach ihm

Das Seco hätte ein Klagerecht gegenüber Bousseau. Doch seine Aktivitäten waren dort bis anhin unbekannt, obwohl man eigentlich mit Spamhaus vernetzt ist. Dafür kennt man ihn in der Tschechischen Republik: Dort hat die Polizei Oswald Bousseau öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben. Oswald Bousseau äusserte sich gegenüber dem TA auch auf mehrere Anfragen hin nicht.

© Tages-Anzeiger; 22.03.2010

Bei Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse surft Google mit

Monday, December 7th, 2009
Mehrere Schweizer Banken empfangen E-Mails über eine Google-Tochter. Sicherheitsexperten sind erstaunt, dass ausgerechnet Grossbanken einen so sensiblen Bereich ausser Haus geben.

Von Christian Bütikofer
Wer Kunde von UBS, Credit Suisse oder Vontobel ist und seiner Hausbank eine E-Mail schickt, dessen Post wird zuerst mit einem Code der US-Firma Postini geprüft, bevor sie beim Schweizer Banker landet. Postini checkt, ob es sich dabei um Spam handelt.

Spam ist nicht nur für jeden Privatnutzer eine Plage. Für Firmen ist das auch ein Kostenfaktor und ein Sicherheitsrisiko. Firmen, die dazu eine effektive Lösung anbieten, waren lange sehr gesucht.

Postini aus Kalifornien hatte eine und wurde bald zum Star am Anti-Spam-Himmel. 1999 in Kalifornien gegründet, machte die Firma schon nach wenigen Jahren Gewinn; in Europa war sie aber lange unbekannt. Ende 2005 gründete Postini in der Schweiz eine Niederlassung und verkündete, man hätte jetzt in Genf und Zürich zwei Datacenter eröffnet. Die Amerikaner hatten zwei Schweizer Banken als Kunden an Land gezogen. 2007 schluckte Datenriese Google die Spambekämpfer für 625 Millionen Dollar. Durch die Übernahme wurden Schweizer Banken unversehens zu Kunden von Google.

Dass ausgerechnet die zwei grössten Schweizer Banken mit ihrem eigenen teuren IT-Wissen einen sicherheitsrelevanten Dienst wie die Spam-Bekämpfung ausser Haus geben und sich damit letztlich in die Hände von Google begeben, irritiert Sicherheitsexperten.

Auslagerung bedroht Sicherheit

Darunter sind solche, die für Schweizer Banken regelmässig sogenannte Audits durchführen, also Sicherheitstests, wo auch Hackerangriffe simuliert werden. Marc Ruef von der Zürcher Firma Scip sagt, dass er nur schon wegen Sicherheitsbedenken jeder Schweizer Bank raten würde, keine solchen Dienste auszulagern. Er weiss warum: Einige Banken sind spätestens seit dem Skandal der LGT aus Liechtenstein sensibilisiert. Dort hatte ein langjähriger LGT-Mitarbeiter Tausende von Kundendaten deutschen Behörden verkauft. Damit brachte er die Bank in enorme Schwierigkeiten und nahm letztlich die aktuelle Diskussion über Steuerbetrüger vorweg.

Ruef erinnert sich: «Als der LGT-Fall bekannt wurde, hatten wir einen Zürcher Bankkunden. Der dortige IT-Chef fragte sich darauf, ob ein Fall wie LGT auch bei ihm möglich sei. Er kam zum Schluss: Durchaus, und falls er das Outsourcing verwirklicht hätte, würde er womöglich nicht einmal etwas davon bemerken.» Diese Bank sei damals voll im Outsourcing-Prozess gestanden. Sie habe deshalb interne IT-Spezialisten entlassen. «Noch während des Outsourcing-Prozesses haben die das alles wieder rückgängig gemacht.»

Ruef ist kein strikter Gegner von Outsourcing, aber: «CS und UBS sind keine Kleinfirmen. Für ein KMU extra einen eigenen Server zu betreiben, das macht eher weniger Sinn. Bei einer Grossbank liegt der Fall jedoch ganz anders.»

Neben den Sicherheitsaspekten gibt es noch ein weiteres Thema: Wie sieht die Sache juristisch aus? Was passiert, wenn US-Behörden den E-Mail-Verkehr von Schweizer Banken überwachen möchten? Machen sich Schweizer Banken erpressbar, zum Beispiel, wenn die US-Steuerbehörde bei Google anklopft und den E-Mail-Verkehr überwachen möchte? Sind die Kunden dann sicher, bloss weil die Schweizer Banken bei einem rechtlich autonomen Google-Ableger in der Schweiz Kunden sind?

Vorbehalte auch bei Blackberry

Der TA fragte ausgewiesene Kenner um ihre Einschätzung. Ein Pionier im Internetrecht einer renommierten Zürcher Rechtsanwaltskanzlei gab dem TA ausführlich Antwort. Er will aus Befangenheit anonym bleiben, denn er beriet Schweizer Firmen bei Verträgen mit Postini. Der Anwalt hat die Verträge für seine Klienten geprüft und sagt: «Rechtlich ist bei Postini alles in Ordnung.» Die Verträge seien sauber, dafür könne er garantieren.

Was aber passieren könnte, wenn massiver Druck auf Google USA ausgeübt werde, sei schwierig zu beurteilen, die Unsicherheit sei da. Darum wollten etliche international tätige Schweizer Unternehmen keine Kunden von RIM sein, der Firma, die die Blackberry-Handys herstellt.

Der Grund: Letztlich sei das eine Firma aus Nordamerika, die Datenübermittlungen liefen über Nordamerika. Die Firmen befürchten, die Kontrolle über die eigene Firmenkorrespondenz zu verlieren.

Riesiger Kostendruck

Die Banken stehen unter einem enormen Kostendruck. Was nicht zum Kerngeschäft gehört, wird an spezialisierte Firmen im Bankensektor ausgelagert. Selbst einer dieser Outsourcer nimmt Google in Anspruch: die Incore Bank aus Zürich. Sie gehört zur Holding der Privatbank Maerki Baumann. Auch diese ist Kunde von Googles Spamfilter.

Die Schweizer Incore ist rechtlich eigenständig und unterstützt andere Banken bei internen Prozessen bis hin zur Hacker-Abwehr im Web. Als Incore-Chef Jack Hertach vom Google-Spam-Filter bei UBS, Crédit Suisse und Vontobel erfuhr, konnte er das erst nicht glauben: «Das ist mir absolut rätselhaft.»

Auch IT-Sicherheitschef Peter Stalder von Finnova in Lenzburg sagte auf Anfrage: «Ich bin überrascht, dass das eine Bank macht. Ich hätte ein mulmiges Gefühl.» Die Finnova unterstützt diverse mittlere Schweizer Banken im Outsourcing, darunter auch diverse Kantonalbanken.

Banken sehen keine Probleme

Auf Anfrage des TA gaben Sprecher von UBS, CS und Vontobel praktisch immer die gleiche Antwort: Die Banken sehen kein Problem. Eine dieser Banken wollte nicht einmal bestätigen, dass sie Kunde von Google ist – wegen «Sicherheitsüberlegungen».

Auch bei Google gibt man sich wortkarg. Im Detail wolle man sich nicht zu den Banken äussern, weil man sonst Vertragsverletzungen begehe, meint ein leitender Google-Angestellter aus Deutschland. Er verweist auf die zufriedenen Kunden weltweit. Als Referenz-Firma gibt er den deutschen Chemieriesen BASF an. Auf die Frage, ob in der Schweiz tatsächlich Angestellte vor Ort die Postini-Dienste unterstützen würden, oder ob das zentral aus den USA geschehe, wie der Bericht «Googles take on e-mail security» des Branchendienstes Cnet.com vom Juli 2009 nahelegt, sagt er: «Der Support findet lokal statt.»

Google-Schweiz-Sprecher Matthias Meyer bestätigte, dass in Zürich knapp 500 Personen beschäftigt seien. Wie viele für die Postini-Dienste zuständig sind, konnte er nicht sagen.

© Tages-Anzeiger; 07.12.2009

Software per Spam-E-Mail in Zug bestellen

Monday, April 14th, 2008
Spam-Versand ist in der Schweiz seit einem Jahr verboten. Eine Firma in Zug aber mischt in diesem Geschäft kräftig mit.

Von Christian Bütikofer

Jeden Tag landen unzählige unverlangte E-Mails im Postfach. In dieser unerwünschten elektronischen Post – auchSpam genannt – wird oft für Fälschungen, Pillen, wertlose Aktien oder Online-Gambling geworben. Die Spam-Plage ist nicht nur ein tägliches Ärgernis für den Einzelnen, sie verursacht auch einen immer grösseren wirtschaftlichen Schaden. Der Ruf nach einem Anti-Spam-Gesetz wurde deshalb in der Schweiz immer lauter.

Die Politik hat reagiert – seit dem ersten April 2007 steht hier Spam-Versand unter Strafe und kann mit bis zu 100 000 Franken gebüsst werden. Nicht nur der Versand ist strafbar, neben den technischen Verantwortlichen können auch die wirtschaftlichen Nutzniesser belangt werden, falls sie in der Schweiz sitzen.

Ernüchternde Bilanz

Ein Jahr seit der Stunde null für die Spammer ist vergangen – was hat sich für die Schweizer Internet-Benutzer verändert? Die Antwort ist ernüchternd. Fragt man bei Bluewin, dem grössten Internetprovider der Schweiz, nach, so waren im Schnitt 75 Prozent aller E-Mails Spam, wie Pressesprecher Christian Neuhaus sagt. Bluewin wendet pro Jahr nach wie vor eine Summe in zweistelliger Millionenhöhe zur Spam-Bekämpfung auf. Etwa 15 Personen sind extra für diese Aufgabe abgestellt. Andreas Reinhard, Geschäftsführer der Winterthurer Anti-Spam-Firma Apexis Cleanmail, verzeichnete dieses Jahr nicht etwa eine Abnahme von Spam, sondern im Gegenteil eine weitere Zunahme des E-Mail-Mülls. Spam wird heute vor allem über so genannte Botnetze verteilt. Dabei handelt es sich um infizierte Computer von Privatpersonen, die von Hackern ferngesteuert und zum Spamversand missbraucht werden. Gemäss Andreas Reinhard sind die Türkei, China, USA, Russland und Deutschland jene Länder, von denen am meisten Spam verschickt wird.

Auch wenn das Schweizer AntiSpam-Gesetz dem weltweiten Boom der Müll-Mails nicht im Geringsten etwas entgegensetzen konnte – einen Effekt hatte es trotzdem: Andreas Reinhard bestätigte gegenüber dem TA, dass es um die bekanntesten Schweizer Spammer ruhig geworden ist. Sie machten sich jahrelang vor allem mit Socken, Badetüchern, Pornos, Vaterschaftstests und Swissair-Souvenirs einen besonderen Namen. Die Firmen dieser Personen agieren seit dem Spam-Verbot vom 1. April 2007 nicht mehr offiziell in diesem Umfeld.

Spammer-Firma aus Zug

Daraus zu schliessen, dass aus der Schweiz heraus keine Spam-Aktivitäten mehr entwickelt werden, ist jedoch grundfalsch. Dem TA liegen umfangreiche Daten vor, die zeigen, dass die Hintermänner der Zuger Firma mit dem rekordverdächtig langen Namen «ProfCom Solution for Information and Technology Systems GmbH» seit Jahren tief ins SpamGeschäft verwickelt sind.

Der Name dieser Firma taucht in den Spam-E-Mails nicht auf, die meist für Software werben, die man auf einer Webseite bestellen soll.

Die Spam-Webseite ist irgendwo auf Computern in China oder der Türkei parkiert, meist auf einen türkischen Namen registriert und verschwindet nach jedem Spam-Versand schnell vom Web – danach beginnt das Spiel von vorne: Neuer Spam-Versand, neue Webseite.

Erst wenn man etwas bestellt, gibt sich die Firma zu erkennen – allerdings nur mit der kryptischen Abkürzung PC-IT GmbH. Der offiziell eingetragene Gesellschafter der PC-IT will mit der Firma überhaupt nichts mehr zu tun haben und verrät auch gleich, wer wirklich hinter der PC-IT steckt: Oezcan Ahishali-Yeni. Er machte im Web schon früher mitSpam von sich reden: Durch sein Unternehmen Sosirtas delinquere non potest GmbH wurde ebenfalls Software beworben. Offenbar lief das Geschäft aber nicht gerade prächtig; heute befindet sich die Sosirtas in Liquidation.

Wie weitere Recherchen zeigen, besteht zwischen Ahishalis PC-IT und diversen weiteren Firmen aus München eine enge Geschäftsbeziehung; so auch mit der G.I.B. Verlag GmbH. Die Deutschen bieten genau dieselbe Ware an wie jene, die man über Spam-E-Mails bei der PC-IT bezieht. Der Münchner Geschäftsführer der G.I.B. bekräftigte gegenüber dem TA, dass sich jedermann aus dem Versand austragen könne und danach garantiert nie mehr etwas von seinen «Sonderangeboten» höre.

Warum ist Mail-Müll Spam?

Eigentlich steht Spam für Dosenfleisch (Spiced Ham) – ein Markenname, der bereits 1936 entstand. Heute versteht man unter Spam vor allem E-Mail-Müll.

Spam als Begriff für unverlangte E-Mails geht aufs Konto der britischen Komödiantentruppe Monty Python (Bild rechts). In einem Sketch der Engländer wird das Wort «Spam» als Synonym für eine unnötig häufige Wiederholung gebraucht: In einem Bistro besteht die Speisekarte nur aus Spam-Gerichten, im Sketch wird «Spam» fast hundertmal verwendet. Da etliche Computerprofis grosse Fans von Monty Python waren, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie die aufkommenden Nerv-E-Mails als Spam bezeichneten.

© Tages-Anzeiger; 14.04.2008

Adressenschwindler machen erneut mobil

Monday, December 10th, 2007

Im Ausland kriegen sie Ärger, in der Schweiz verdienen sie sich eine goldene Nase. Zum dritten Mal seit 2001 suchen deutsche Adressbuchschwindler Schweizer Unternehmen heim.

Von Christian Bütikofer

Webclick wird bei Unternehmern bald für ein böses Erwachen sorgen. Die Zuger Firma verschickt derzeit «Offerten» für einen Eintrag in das Branchenregister «Online-Branchenbuch.ch». Die angefragten Unternehmer sollen die Daten prüfen, den Zettel unterschreiben und an Webclick zurückfaxen. Die Krux liegt im Kleingedruckten: Dort sind Folgekosten von über 3000 Franken für die Firmen versteckt, die mitmachen.

Varianten des verwendeten Formulars wurden von deutschen Gerichten mehrfach als irreführend taxiert. Eine Person wurde in erster Instanz wegen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt.

Hinter Webclick steckt Herbert Kerler (39). Auch sein guter Freund und Geschäftspartner Ewald Sikler war schon mit der Zuger Intelligent Media mit irreführenden Brieflein aktiv, die 2001 mit Schwindelofferten und dubiosem SMS-Spam für Furore sorgte. Drei Jahre später doppelte er mit einer neuen Zuger Firma und Formularen nach, die in Deutschland und Österreich gerichtlich verboten worden waren.

«Ich hätte da noch ein Anliegen …»

Der gebürtige Rumäne Sikler und sein Kumpel Kerler hatten ein Problem, weil beide im deutschen Ingolstadt leben. Für ihre Schweizer Firma brauchten sie aber eine Person mit Schweizer Wohnsitz. In D. fanden sie den Strohmann. «Ich hätte da noch ein Anliegen, möchte dich um einen Gefallen bitten», wandte sich Sikler an den Beamten. Ob er nicht für 4000 Franken im Jahr als Geschäftsführer amten wolle. Die mache keine grossen Geschäfte, behauptete er keck. Wie sich zeigte, war dies eine schamlose Untertreibung. Denn mit der Zuger Inventaire Pro deckte Sikler ab 2004 die Schweiz mit Schwindelformularen in allen Landessprachen ein.

Bis heute brachten Sikler und Kerler Millionen ihrer Schwindelformulare in ganz Europa und den USA in Umlauf. Der TA ist im Besitz diverser dazu benützter Datenbanken. Für die Schweiz zählte man 380’000 Firmen.

Beispiel Belgien: Die Datenbank für das EU-Land enthielt über 800’000 Einträge. Knapp 5000 der angeschriebenen Firmen reagierten auf die «Offerte», wie eine Analyse der Daten zeigt. Alleine dort läpperten sich für Kerler so Forderungen im Wert von rund 8,6 Millionen Euro zusammen. Solch geschäftlicher Erfolg sorgte für Aufsehen. Der belgische Kleinunternehmer-Verband Unizo ist gegen Kerler zivilrechtlich vorgegangen. Mit der Folge, dass Kerler sein Treiben bis auf weiteres stoppen musste. Auf Anfrage bestätigt Gijs Kooken von Unizo zudem, dass sich der Deutsche 2009 vor einem belgischen Strafgericht wird verantworten müssen.

Ein Unternehmen aus Siklers ehemaligem Umfeld ist in Frankreich ins Visier der Gerichte gekommen und hart bestraft worden. Dort wurde Geschäftsführer S. der Firma Annuaire Pro letztes Jahr zu eineinhalb Jahren Gefängnis bedingt verurteilt und mit 200 000 Euro gebüsst, nachdem er ein deutlich milderes Urteil angefochten hatte. Zudem musste er die Kläger entschädigen. Laut der Nachrichtenagentur AFP versandte S. in Frankreich insgesamt 2,7 Millionen dieser Schwindelofferten. 16’000 Firmen fielen darauf herein, S. kassierte über 6 Millionen Euro.

Die Beispiele aus Belgien und Frankreich zeigen: Im Ausland gehen Behörden und Selbstregulierungsorganisationen immer wieder gerichtlich gegen Adressbuchschwindler vor. Ursprünglich wollte auch der Verband der seriösen Schweizer Adressbuch- und Datenbankverleger SADV in der Schweiz gegen Sikler juristisch vorgehen. Geschehen ist bisher jedoch nichts.

Der Verband, der Branchenschwergewichte wie Orell Füssli, Publimag oder die Swisscom zu seinen Mitgliedern zählt, setzte bisher nur auf Prävention. Das ist billiger. Aber geradezu eine Einladung für Abzocker, in der Schweiz Millionen zu erschleichen.

Wundersame Geldvermehrung

Ein solches Angebot nimmt Siklers Umfeld gerne an – und diversifiziert. Wenn sich Sikler und Kerler auf Offertentour begeben, bedienen sie sich jeweils handgestrickter Webseiten. Recherchen zeigen, dass dabei das Umfeld der rumänischen Firma Jem Media (Jvi Media) aus Arad eine zentrale Rolle spielt. Sie gehört zu gleichen Teilen Sikler und dem 35-jährigen Kroaten Jasmin Valentic. Mit der Firma bleiben auch die Erträge der Internetdienstleister elegant im eigenen Kreislauf.

Passwort: «0Stress4Success»

Sikler hat in seiner Karriere im Internet schon allerlei probiert. «0Stress4Success» hiess eines seiner Passwörter. Das Motto «Mit null Stress zum Erfolg» scheint sein bevorzugtes Geschäftsmodell zu sein, was eine weitere Webseite nahe legt. Der TA ist im Besitz der Dateien für die Internetseite www.zarobek-pl.com, die auf Siklers Server lagerte und heute für ein Geschäftsmodell wirbt, das einem Schneeballsystem nicht unähnlich ist.

Auf Zarobek soll man in kurzer Zeit locker 30’000 Euro verdienen – indem man «mit einem grossen Lächeln auf dem Gesicht» an eine anonyme E-Mail-Adresse mal schnell 10 Euro einzahlt. Denn: «Es ist ein Gesetz des Universums, dass wir zuerst geben müssen, um zu empfangen», steht da geschrieben.

Zarobek-Webseiten sind für das Deutsche, Englische und Polnische vorgesehen. Nachdem der TA diese Webseite abgefangen hatte, flatterten bei Sikler für genau diese drei Sprachen Dateien mit mehreren Millionen E-Mail-Adressen herein. Der Verdacht liegt deshalb nahe, dass Zarobek über Spam beworben wurde.

Auch von der US-Firma Eve Eagle wurde gespamt. Sikler hostete die Webseite von der Briefkastenfirma Eve Eagle aus dem amerikanischen Bundesstaat Delaware. Deren Spezialität: Massen E-Mail- und SMS-Versand sowie das Scannen von Mobilfunknetzen, um an gültige Handynummern zu gelangen. Auch das Bundesamt für Kommunikation kennt Eve Eagle. Es leitete 2004 gegen die Firma ein Nummernwiderrufsverfahren ein. Sikler und Kerler wollten sich gegenüber dem TA nicht äussern.

© Tages-Anzeiger; 10.12.2007

«Schweizer Firmen sollen an Spammern ein Exempel statuieren»

Friday, March 30th, 2007
Ab April ist Spam hier illegal. Ob dies zu weniger E-Mail-Müll führt, bleibt offen. Die Schonzeit für Spammer aber ist vorbei.

Mit Hans Kaufmann* sprach Christian Bütikofer

Ab dem 1. April können die Behörden Spammer bekämpfen. Doch diese Szene operiert international. Sind die Schweizer Behörden überhaupt in der Lage, solche Verflechtungen auszuheben?

Es ist sicher eine Herausforderung für die Behörden. Aber ohne Gesetz kann man schon gar nichts ausrichten. Wir betreten hier Neuland, aber wir haben immer die Möglichkeit, das Gesetz nachzubessern, sollte es sich als zu wenig praxisnah erweisen.

Wann waren Sie als SVP-Nationalrat das letzte Mal mit SP-Politikern in einem Wirtschaftsgeschäft gleicher Meinung?

Das gibt es selten, eigentlich nie. Ausser bei diesem Antispamartikel, denn jeder hat einen PC zu Hause und leidet unter Spam, egal welche politische Farbe man hat.

Sie haben darauf bestanden, dass nicht nur die Spam-Versender illegal handeln, sondern auch die Spam-Veranlasser, also die wirtschaftlichen Nutzniesser.

Das ist der springende Punkt, weil der Spamversand ins Ausland verlegt werden könnte, während der Profiteur sich hier ein schönes Leben macht. Man muss auf die Hintermänner los, denn sie kassieren das dicke Geld. Die blossen Spamversender haben oft nicht genug Geld, um einen Schaden wieder gutzumachen.

Spammer verstossen in Zukunft gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Höchststrafe beträgt 100 000 Franken. Ein Profispammer zahlt diesen Betrag doch aus der Portokasse. Das Strafmass sollte längst nach oben angepasst werden.

Ich sehe durchaus, dass man gerade wegen der wirtschaftlichen Bedeutung das Strafmass neu festsetzen muss. Jetzt soll man aber zuerst Erfahrungen sammeln. Was Sie auch sehen müssen: Wenn einer einmal verurteilt ist, hat er schon auch seine Nachteile – ich denke an Bankkredite und Ähnliches.

Spam war spätestens seit 2000 ein nationales Thema, als auf einer CD, genannt «Black Book», über 450 000 Schweizer-E-Mail-Adressen zum Kauf angeboten wurden. Warum brauchte es sieben Jahre, bis die Politik zu einem Ergebnis kam?

Es ist beim Bund in der Regel so, dass man eine lange Durchlaufzeit hat. Manchmal sind Gesetze schon wieder überholt, wenn sie verabschiedet wurden, oder das Problem löste sich von selbst. Im Fall der Spambelästigungen sind die Sorgen und Qualen aber immer grösser geworden. Das ist genau der Grund, warum man den Antispamartikel so rasch ins Fernmeldegesetz einbauen konnte. Denken Sie daran: 2004 wurde die Initiative gestartet, heute haben wir das Gesetz. Die Mühlen mahlen langsam in Bern, darum ist selbst die Zeitspanne von drei Jahren kurz.

Bei der Antispaminitiative war auch Microsoft eine treibende Kraft im Hintergrund. Sind Sie der verlängerte Arm Microsofts in Bern?

Nein. Ich habe Personen von Microsoft bei einem Golfturnier kennen gelernt. Damals klagte ich, ob man nicht etwas gegen Spam machen könnte. Als in den USA ein Antispamgesetz verabschiedet wurde, kamen wir dann nochmals ins Gespräch.

Glauben Sie daran, dass grössere Schweizer Unternehmen bei zukünftigem Spamversand klagen werden?

Ich hoffe, dass vor allem grössere Firmen hier einmal ein Exempel statuieren. Dafür prädestiniert sind Firmen, die auf dem Informatikgebiet tätig sind; sie haben auch die entsprechenden Kenntnisse.

Spambekämpfung war schon immer ein Anliegen des Konsumentenschutzes. Nun hat SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga eine Initiative eingereicht, um Konsumenten bei Online-Käufen besser zu schützen, zum Beispiel mit einem Widerrufs- und Umtauschrecht. Wie stellen Sie sich zu dieser Forderung?

Für mich sind auch hier gewisse Regeln notwendig. Ich glaube nicht, dass einem Rückgaberecht von bürgerlicher Seite grosse Widerstände erwachsen werden. Wenn man schon etwas kauft, das man nicht unmittelbar greifen und austesten kann, soll man auch vor Betrug geschützt werden. Und leider ist es so, dass im Internet viele Betrügereien stattfinden. Von daher werden wir nicht darum herum kommen, auch in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Auch hier glaube ich, dass das letztlich nicht ein Links-rechts-Problem sein wird.

*Hans Kaufmann ist Nationalrat der Zürcher SVP. Seine Antispam-Initiative haben über 100 Nationalräte und -rätinnen von links bis rechts unterstützt.

© Tages-Anzeiger; 30.03.2007