Archive for the ‘Entwicklungshilfe’ Category

Schweizer Entwicklungshilfe fürs Volk und Drogenmillionen für die Elite

Thursday, December 9th, 2010

Die Führungsriege Mosambiks steckt tief in Drogenhandel und Geldwäscherei, berichtet ein US-Diplomat. Letztes Jahr weilte deren Kopf noch in der Schweiz und wurde von Doris Leuthard mit allen Ehren empfangen: Man feierte 30 Jahre Entwicklungshilfe. von Christian Bütikofer

Mosambiks Präsident Armando Emilio Guebuza verbrachte Mitte 2009 noch erfrischende Tage mit Bundesrätin Doris Leuthard in Kehrsatz – man feierte 30 Jahre Schweizer Entwicklungshilfe in Mosambik.

Jetzt sorgen Wikileaks-Enthüllungen für betretene Gesichter in der Entourage des Präsidenten. Die kompromitierenden Berichte von US-Diplomat Todd Chapman über Mosambiks Führungselite wanderten diesen Januar vertraulich nach Washington, jetzt sind sie im Netz.

Der Inhalt der Depeschen zeigt auch, mit was für einem Umfeld und entsprechenden Schwierigkeiten sich die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) jeweils arrangieren muss – schliesslich kann sich die Deza die Führungs-Riege in den jeweiligen Ländern nicht selbst aussuchen. Mosambik ist ein Schwerpunktland des Dezas und laut der Schweizer Botschaft in Maputo ein Erfolg.

US-Diplomat Chapman traf sich unter anderem mit einem langjährigen Geschäftsmann, der mit allen wichtigen Personen Mosambiks bekannt und befreundet ist.

Der Unternehmer will das Land für immer verlassen.

Grund: Die Führungscrew sei derart korrupt und kriminell, dass er dort nicht mehr länger normal arbeiten könne.

So kontrollierten Präsident Guebuza von der dominierenden Partei Frente da Libertação de Moçambique (FRELIMO) und Mohamed Bashir Suleiman praktisch alle legalen wie illegalen Geschäfte.

Die Quelle ist mit Präsident Guebuza seit über 20 Jahren befreundet. Nun bezeichnet er ihn als «bösartigen Skorpion, der einen sticht».

Befreiungsbewegung FRELIMO so korrupt wie nie

Die ehemalige kommunistische Befreiungsbewegung und jetzige Partei FRELIMO habe kein Interesse, das Leben der Mosambiker zu verbessern sondern es gehe vielmehr um hemmungslose Selbstbereicherung.

Mohamed Bashir Suleiman dominierte die Geldwäscherei und den Drogenhandel und fülle in Form von Kickbacks die Taschen der FRELIMO-Funktionäre. Ebenfalls in dieser Gesellschaft befinde sich Zoll-Chef Domingos Tivane und die ehemalige Premierministerin Luisa Diogo.

Ohne Präsident Guebuza läuft gar nichts

Präsident Guebuza sei in allen wichtigen Gremien vertreten, beteiligte sich entweder direkt oder indirekt an allen Grossprojekten und verdiene so jährlich hohe Millionensummen. Die Auflistung seiner Beteiligungen in den Depeschen füllen ganze Abschnitte.

Ein Beispiel für Guebuzas Geschäfte sei die Übernahme des Staudammprojekts Cahora Bassa gewesen: Mosambik übernahm von der Portugiesischen Regierung den Staudamm für 950 Millionen Dollar.

700 Millionen wurden durch ein privates Konsortium von Banken abgewickelt, den Deal fädelte ein Guebuza-Vertrauter ein. Dafür soll der damals schon amtierende Präsident 35 bis 50 Millionen Dollar als «Kommission» eingestrichen haben.

Drogenzar dank Polit-Kontakten unberührbar

Sein Kollege Mohamed Bashir Suleiman unterhalte zum Zweck der Geldwäscherei Büros in Dubai. Er sei der Drogenkönig Mosambiks und unterhalte direkten Kontakt zu Präsident Guebuza und dessen Vorgänger Joaquim Chissano.

Deshalb sei Suleiman «unberührbar», könne schalten und walten wie er wolle. Die Profite illegaler Geschäfte würden von ihm gleich wieder in legale Märkte investiert und anschliessend die Konkurrenz durch Preisdumping oder plumpe Drohung an die Wand gefahren.

Die zum Teil unverständlichen Veränderungen in Mosambiks Geldwechsel-Kurs hingen mit Geldwäscherei zusammen: Dann würden jeweils Multimillionen-Transfers mit diesem Ziel  getätigt.

Eine Quelle innerhalb der FRELIMO erwähnte dem US-Botschafter gegenüber, dass in einem derart armen Land wie Mosambik die Bedürfnisse der legalen Wirtschaft zu klein seien für die monmentan existierenden zehn Banken und 30 registrierten Wechselhäuser.

Schiffladungen voller Heroin am Strand

Die Quelle meldete peinliche Zwischenfälle: In der Vergangenheit seien ganze Schiffladungen voller Marihuana und Heroin an die Strände geschwemmt worden. Die lokalen Medien hätten aber meist Angst, darüber zu berichten. Kein Journalist wolle ein zweiter Carlos Cardoso werden.

Cardoso war ein mutiger investigativer Journalist, der 2000 ermordet wurde. Er war mitten in einer Recherche über einen massiven Bankbetrug, wo die Familie von Ex-Präsident Joaquim Chissano die Finger im Spiel hatte.

Drogen-Hafen im Besitz des Präsidenten

Kürzlich wechselte das Management des Hafens in Nacala. Angeblicher Besitzer: Die Insitec Ltd von Celso Correia. In Wirklichkeit ist er der Strohmann von Präsident Guebuza. Die Übernahme beunruhigt die Amerikaner deshalb, weil die Hafenbehörde seit Jahren tatenlos zusieht, wie dort Unmengen Drogen von Südostasien durchgeschleust werden.

Präsident Guebuza hat inzwischen ein neues Betätigungsfeld gefunden: Die Glücksspiel-Gesetze wurden massiv gelockert – ein weiteres Vehikel für Geldwäscherei, befürchtet US-Diplomat Todd Chapman.

Wikileaks-Depeschen: 10MAPUTO8610MAPUTO80,09MAPUTO71309MAPUTO1291

 

Wie der zweitgrösste Biermulti Millionen aus Afrika in Zug parkiert

Tuesday, November 30th, 2010

Die Organisation Actionaid zeigt, wie die Bierbrauer von Millers und Grolsch in Afrika wirtschaften. Durch clevere Firmenstrukturen in der Schweiz und den Niederlanden umgehen sie jährlich Millionensteuern. Die Firma wehrt entrüstet ab. von Christian Bütikofer

Der britische Getränkemulti SABMiller ist vor allem für Bier wie Grolsch, Millers oder Pilsner Urquell bekannt. Das internationale Unternehmen besitzt in Afrika und Asien dutzende Brauereien und fuhr letztes Jahr einen Reingewinn von fast 2 Milliarden britischen Pfund ein (umgerechnet fast 3 Milliarden Franken).

Jetzt hat sich die Nichtregierungs-Organisation «ActionAid» die Finanzströme verschiedener Tochterfirmen näher angesehen und die Fakten im Report «Calling Time» im Internet veröffentlicht.

ActionAid entdeckte verschiedene Methoden, mit denen SABMiller Millionen an Unternehmenssteuern in den Ursprungsländern umgeht, indem mit kleveren legalen Kniffs Vermögen in Steuerparadiese wie Mauritius, die Niederlande und auch die Schweiz verschoben wird.

Hauptquartier Neuhofstrasse 4 in Baar

Besonders beliebt ist laut ActionAid das Verrechnen horrender Management-Gebühren an Zuger Firmen. Im Extremfall stehen die Brauereien in den Produzentenländern Afrikas und Asiens Ende Jahr ohne Profite da und zahlen nur minime Steuern. Die Gewinne aber wandern übers Steuerparadies Zug an der Neuhofstrasse 4 in Baar in Form von «Management-Abgaben» auf Schweizer Konten.

«Vorsichtig sein mit Auskünften»

ActionAid-Steuerexperte Martin Hearson besuchte eine der Hauptdrehscheiben in Baar, die Bevman Services im Business Center Neuhof. Bei der «Management-Firma» erkundigte sich ein ActionAid-Mitarbeiter nach einem Job im Bereich Internationale Personalführung und Marketing.

Er bekam zur Antwort, dass man diese Art von Dienstleistungen nicht anbiete, man sei nur die europäische Hauptstelle. Dann meinte die Person noch: «Ich muss vorsichtig sein mit Auskünften. Uns wurde gesagt, BBC oder eine ähnliche Institution würde auftauchen und Fragen stellen.»

Horrende «Management»-Gebühren fressen Profit weg

Durch überrissene jährliche Management- und Lizenzzahlungen an Firmen wie Bevman Services sowie weiteren Unternehmen würden die Produktionsländer im Süden knapp 20 Millionen Pfund jährlich verlieren, errechnete ActionAid (ca. 31 Millionen Franken).

Im laufenden Jahr habe Bevman Services bereits rund 1,5 Millionen Franken für Dienstleistungen bezahlt, die nach den Recherchen von ActionAid mit grösster Wahrscheinlichkeit gar nie stattfanden.

Der Konzern sparte sich damit die ghanaische Unternehmenssteuer von 25 Prozent. Ghana blieb nur der kleine Ertrag der Quellensteuer (8 Prozent). Diese darf Ghana gemäss dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz weiterhin auf Dienstleistungsvergütungen erheben. Die restlichen 17 Prozent aber im Wert von rund einer Viertel Million Franken, gingen fürs Entwicklungsland verloren.

Legales Steuersparen

Steuerexperte Martin Hearson gab gegenüber der englischen Tageszeitung «The Guardian» zu, dass diese Geldabflüsse legal seien und seit Jahrzehnten von darauf spezialisierten Experten praktiziert würden. Mit der Studie wolle man gegen dieses unethische Gebaren ankämpfen.

Die Reaktion von SABMiller blieb nicht aus. Gleich bei Erscheinen der NGO-Studie wies der Multi die Vorwürfe entschieden zurück. Der Report enthalte ungenaue und falsche Annahmen. Man sei eine transparente Firma und halte alle Gesetze ein. 2009 und 2010 habe die Firma über 500 Millionen US-Dollar in Afrika investiert.

SABMiller geht mit der Zeit: Neben einer Pressemitteilung im Web wurde die Firma etwa auch auf Twitter aktiv, um ihre Sicht der Dinge darzulegen.

Seco-Initiative unterlaufen

Pikanterweise unterstützt das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ausgerechnet in Ghana ein Programm zur Effizienzsteigerung des Steuersystems und verschiedene Massnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas für Auslandkonzerne.

Das Seco begründet, Ghana brauche dringend mehr eigene Einkünfte für die Armutsbekämpfung, ein Drittel der Bevölkerung lebt dort unter dem Existenzminimum. Die legalen Steuertricks von Konzernen wie SABMiller stellen die Seco-Bemühungen in Frage.

© az Aargauer Zeitung, 31.11.2010

Chinesen wollen Forchbahn übernehmen – in Madagaskar

Tuesday, November 23rd, 2010

15 Wagen der Forchbahn warten in Madagaskar seit sechs Jahren auf ihren Einsatz. Statt Personen zu transportieren, rosten sie vor sich hin. Jetzt wollen chinesische Unternehmer das Projekt erfolgreich abschliessen. von Christian Bütikofer

Alles begann so hoffnungsfroh: Im Juli 2004 war Stadtpräsident Patrick Ramiaramanana von Madagaskars Hauptstadt Antananarivo in Zürich zu Gast und posierte strahlend auf dem ersten von 15 Forchbahn-Wagen.

Sie hätten das kostengünstige Transportmittel der Stadtbewohner werden sollen.

Die Wagen wurden über Basel nach Antwerpen und dann in Madagaskars Hauptstadt transportiert. Am Entwicklungshilfsprojekt beteiligten sich grosse Schweizer Firmen, diverse Bahnen, der Kanton Waadt und die Entwicklungshilfe Deza investierte 150’000 Franken.

Ramiaramanana hoffte, noch Ende Dezember 2004 die erste Forchbahn in Madagaskar zum Laufen zu bringen. Das Problem des fehlenden Stroms im Bahnnetz der Hauptstadt sollte mit Dieselgeneratoren gelöst werden.

2007 zeigten Medienberichte, dass die Wagen zwar in Madagaskar, aber nicht in Betrieb sind. Und es kam noch schlimmer: Im März 2009 wurde die rechtmässige Regierung durch Militärmachthaber gestürzt.

Doch jetzt soll alles anders werden.

Gesucht: 10 Millionen Startkapital

Der China International Fund (CIF) verhandelt mit den Putschisten, die vor sich hin rostenden 15 Wagen endlich in Betrieb zu nehmen. CIF hat seinen Sitz in Hong Kong und gehört zum Konzern Beiya International, der in Afrika in diverse Sparten wie Öl oder das Baugeschäft investiert, etwa in Angola. Ebenfalls mit CIF verbandelt ist China Sonangol, die massiv im Ölgeschäft tätig ist.

Die verschiedenen Partner diskutieren momentan die Verträge aufgrund vorhandener Studien aus 2005 und 2006. So berechnete etwa die Weltbank, dass für den Aufbau der madagassischen Forchbahn mindestens 10 Millionen Dollar nötig sind und danach der Betrieb länger subventioniert werden müsste.

Schweizer Prognosen waren schönfärberisch

Diese Fakten sind insofern brisant, als noch 2007 diverse Exponenten in der Schweiz von viel geringeren Kosten ausgingen. So meinte der emeritierte ETH-Professor Heinrich Brändli etwa im «Tages-Anzeiger», 2 Millionen Franken würden genügen.

China sucht Einfluss und Ressourcen

Klar ist, dass die Chinesen keine Geschenke verteilen. Falls sie bereit sind, die operativen Kosten und die Anfangsinvestitionen zu tätigen, erwarten sie Gegenleistungen.

China ist einer der grössten Abnehmer von Madagaskars reichen Holzvorkommen. Ein Report der Vereinten Nationen zeigte das Ausmass illegaler Rodungen auf Madagaskar.

Der Bericht kommt zum Schluss, dass besonders die rasant ansteigende Nachfrage in China und die politische Instabilität Madagaskars den illegalen Handel mit Edelhölzern anheizen.

© az Aargauer Zeitung, 23.11.2010