Archive for the ‘Dignitas’ Category

Dignitas und das Steuerregister

Wednesday, June 30th, 2010

Im «Tages-Anzeiger» verspricht Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli hoch und heilig, die Bücher seines Vereins von einer unabhängigen Kontrollstelle prüfen zu lassen. Er will für Transparenz sorgen.

Tagi-Chefredaktor Res Strehle nahm die Geschichte auf, nachdem die Konkurrenz vom «Beobachter» Minelli – wieder einmal – zum Thema machte. Journalisten vom «Beobachter» schauten sich die Steuererklärungen von Dignitas an. Danach hatten sie einige Fragen. Die aber wollte der Rechtsanwalt sowie ehemalige «Blick»- und «Spiegel»-Journalist Minelli partout nicht beantworten.

Einen Tag später darf er dann wie erwähnt im Tagi verkünden, sein Verein lieferte in Zukunft eine saubere Buchhaltung ab.

Man darf gespannt sein, ob eintreffen wird, was Minelli in einem seiner raren Interviews verhiess: Dem «Basler Zeitungs»-Journalisten Timm Eugster versprach er 2009 auf die Frage:

Eugster: Die Zürcher Behörden und Kommentatoren fordern Sie auf, Ihre Buchhaltung offenzulegen.

Minelli: Solange sich all diese Brüeli nicht bemühen, unsere Arbeit zu verstehen, lasse ich mich nicht nötigen. Irgendwann aber werde ich sie alle Lügen strafen.

Hätten die Redaktoren Dominique Strebel und Simon Riklin die Sache mit dem Steuerregister beiseite gelassen, wäre es auch kein Thema, dass Dignitas erst seit 2007 im Steuerregister von Maur verzeichnet ist (dort hat der Verein seit 2007 seinen Sitz).

Für die Jahre zuvor müsste der Verein nämlich im Steuerregister der Stadt Zürich auftauchen. Das tut er aber nicht. Seit 1998 fehlen da einige «Daten».

Minelli wehrte sich vor 2007 mit Händen und Füssen gegen einen Eintrag des Vereins im Handelsregister, wie Akten zeigen.

Ende 2006 aber verlor er gegen die Behörden. Die Zürcher Justizdirektion verfügte, dass Dignitas ein kaufmännisches Gewerbe führe und deshalb im Handelsregister zu erscheinen habe.

Ist ein Verein im Handelsregister eingetragen, muss er den Steuerbehörden zwingend eine Buchhaltung vorlegen…


Tages Anzeiger
29 Jun 2010

Martha H. gab Dignitas über 200’000 Franken

Wednesday, June 30th, 2010

Hat Dignitas den letzten Willen von Mitglied Martha H. missachtet? Generalsekretär Ludwig A. Minelli bestreitet dies. Eine ehemalige Sterbehelferin widerspricht und sagt: Martha H. habe dem Verein eine grosse Summe vermacht.

Christian Bütikofer

Die Deutsche Martha H. wählte nach 81 Jahren den Freitod: Als Mitglied der Sterbehilfeorganisation Dignitas reiste sie von Kiel in die Schweiz und trank am 20. Juli 2003 in Zürich den Giftcocktail. Anschliessend wurde sie kremiert und ihre Asche in einer Urne aufbewahrt. Wenige Wochen später versenkte Dignitas «in den Abendstunden» die sterblichen Überreste von Martha H. im Zürichsee, wie ein Dokument zeigt, das dieser Zeitung vorliegt.

Minelli droht hohe Geldstrafe

Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli entsorgte die Asche offenbar gleich selbst. Er berichtete dem amerikanischen Magazin «The Atlantic», er sammle die Urnen, bis der Kofferraum seines Autos genug gefüllt sei. Dann fahre er abends an einen ruhigen Ort und versenke alles im Zürichsee. Das gewerbsmässige Entsorgen von Urnen im See ist nicht gestattet, Minelli droht eine hohe Geldstrafe.

Martha H. wollte ihre letzte Ruhestätte nicht im Zürichsee, Minelli habe deren letzten Willen missachtet, schrieb die «NZZ am Sonntag». Sie stützt sich auf Aussagen und Dokumente von Martha H.s Stieftochter. Minelli hätte die Urne nach Deutschland senden sollen; Martha H. wollte in Kiel neben ihrem Ehegatten bestattet werden. Minelli bestreitet diese Vorwürfe. Auf der Dignitas-Webseite schreibt er, im Dossier von Martha H. befinde sich eine handschriftliche Notiz, die kurz vor ihrem Freitod erstellt wurde. Dort stehe: «Urne in See».

Ex-Sterbehelferin widerspricht

Minelli attackiert seine ehemalige Bürochefin Soraya Wernli massiv: Er bezeichnet die Krankenschwester als «psychisch gestört». Die Aargauerin Wernli ist eine dezidierte Kritikerin von Dignitas und hat als Informantin der Zürcher Stadtpolizei verdeckt Informationen über die Organisation geliefert.

Soraya Wernli bestätigt im Gespräch mit dieser Zeitung, sie habe Martha H. in den Tod begleitet und sei nie von ihrer Seite gewichen. Sie wisse deshalb, wie deren letzter Wunsch lautete: «Bis zum Schluss war Martha H. überzeugt, dass sie zu ihrem Ehemann ins Grab nach Kiel kommt.»

Dass Dignitas Urnen im See versenkt, erstaunt Wernli nicht: «Es kostet weniger, als das Päckchen ins Ausland zu schicken.» Ein Auszug der Buchhaltung von Dignitas zeigt: Im Jahr 2003 wurden immer wieder grosse Geldbeträge mit dem Vermerk «Zustupf» verbucht. Auch Martha H. zahlte Dignitas über 210 000 Franken. Das ist viel mehr, als die Mitgliedschaft oder die Freitodbegleitung bei Dignitas kostet. Laut Wernli seien immer wieder Frauen ohne Angehörige gekommen, die Minelli Geld bar überbracht hätten – bis zu 100 000 Franken. In der Buchhaltung ist etwa auch Maria K. erwähnt, die einen «Zustupf» von über 60000 Franken beisteuerte. Ludwig A. Minelli war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

© Aargauer Zeitung / MLZ; 17.05.2010

NZZaS: Dignitas missachtete letzten Willen

Sunday, May 9th, 2010

Dignitas und die Urnen im Zürichsee… Die NZZaS berichtet:

“(…) Die deutsche Martha H. war am 20. Juli 2003 aus dem Leben geschieden. Aus einer Bestätigung von Dignitas, die Gründer Ludwig A. Minelli unterschrieben hatte, erfuhr ihre Stieftochter, dass deren Asche «am 11. August in den Abendstunden den Wassern des Zürichsees anvertraut worden ist». Das Dokument löste bei der Stieftochter Wut auf Dignitas aus, denn Martha H. wollte neben ihrem früher verstorbenen Mann in Kiel bestattet werden. «Meine Urne wird bei Siegfried auf dem Friedhof Eichhof, Feld 44 beigesetzt», heisst es im Abschiedsbrief, den Angehörige und Bekannte kurz nach dem Tod der knapp 81-Jährigen per Post erhielten. Dass sich Minelli über den letzten Willen von Martha H. hinweggesetzt habe – er habe diesen Wunsch gekannt –, «ist zutiefst erschreckend», sagt die Stieftochter. (…)”

Mir gab Minelli vor einigen Wochen problemlos Auskunft, auch wenn die Fragen nicht angenehm waren.


Sterbehelfer von Dignitas missachten letzten Willen einer Verstorbenen
Andreas Schmid
NZZ am Sonntag
09 Mai 2010

………………………………………………………………………. Vor knapp drei Wochen entdeckten Taucher 35 Urnen mit menschlicher Asche im Zürichsee. Der Fund provozierte Spekulationen über regelmässige Seebestattungen der…Lesen Sie mehr…

Tech Tags:

Dignitas und der zögernde deutsche Physiker

Sunday, May 9th, 2010

Von Christian Bütikofer

Herbert Franz Mataré ist eine Kapazität auf dem Gebiet der angewandten Physik. Der 97-Jährige wurde berühmt, weil er den ersten funktionierenden Transistor entwickelte und mit seiner Grundlagenforschung die aufkommende IT Industrie nachhaltig beeinflusste.

Nun machen ihm aber seine Altersgebrechen das Leben schwer. Mataré wollte diesem schon zweimal ein Ende setzen – bei Dignitas in der Schweiz. Beide Male kehrte er aber in Zürich wieder um. Das hat Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli angeblich gar nicht lustig gefunden, berichtete Mataré dem renommierten amerikanischen Magazin «The Atlantic». Minelli hätte ihn deswegen wütend angerufen und ihm geschrieben, alles sei organisiert gewesen, sie hätten auf ihn mit dem Giftcocktail gewartet, und dann sei er einfach nicht erschienen.

Laut Mataré wollte Minelli für die entstandenen Unkosten entschädigt werden. Dazu hält Ludwig A. Minelli gegenüber dem «Tages-Anzeiger» fest: «Wir machten mehrfach darauf aufmerksam, dass wir gar nichts dagegen haben, wenn sich jemand auch im letzten Moment dazu entschliesst, wieder nach Hause zu fahren. Es ist uns deshalb völlig schleierhaft, wie eine solche Behauptung veröffentlicht werden kann.»

Mataré präzisiert: «Herr Minelli sandte mir eine kurze Aufstellung der Vorbereitungen mit Kosten, die ich vergütete, was normal ist.» Es war denn auch Minelli, welcher der Zeitschrift «The Atlantic» Mataré als Gesprächspartner empfahl, als sie eine Reportage über Dignitas plante.

Rassistische Thesen

Schon vor seinem Wunsch nach einem selbstbestimmten Tod beschäftigte sich Mataré leidenschaftlich mit dem Thema der weltweiten Überbevölkerung. Denn weniger bekannt als seine Arbeiten zur Computerforschung sind seine Traktate zur Eugenik – und seine rassistisch verbrämten Thesen zur Erblehre. Mataré fürchtet den Untergang das Abendlandes: Die grossen Geburtenraten der Schwellenländer und der Dritten Welt zerstörten den Westen in naher Zukunft. Seine Sorgen zur Übervölkerung teilt er grossen Tageszeitungen in Deutschland auch schon mal in gemässigten Leserbriefen mit.

«Gewissenhafte Evolution»

Deutlicher wurde Mataré in «The Atlantic»: Dessen Reporter beschied er, es sei ein Fakt, dass die Leute aus Afrika, dem Mittleren Osten und Asien dümmer seien als Personen europäischer Herkunft. Je mehr es solchen Völkern erlaubt sei, sich zu vermehren, desto verschmutzter würde der Genpool, was wiederum den Fortschritt der Menschheit behindere. Um dieses Problem zu lösen, hat Mataré seine These der «Conscientious Evolution» («gewissenhafte Evolution») entwickelt. Kurz zusammengefasst, will er darin die Vervielfältigung minderwertigen genetischen Materials verhindern, weil es zu minderwertigeren Nachkommen führe. Die Übervölkerung bekomme man nur in den Griff, wenn in Drittweltländern Geburtenkontrollen eingeführt würden. Oder wenn jeder Einzelne wisse, wann er aus dem Leben scheiden soll – nämlich dann, wenn er nicht mehr nützlich sei.

«Oberflächliche Antworten»

Mataré bestätigte gegenüber dem TA diese Aussagen im Kern, fügte aber an: «Sie wissen ja, wie ein Journalist oberflächliche Fragen stellt und meist oberflächliche Antworten erhält.»

Grössere Texte zu seiner These veröffentlicht er in der pseudowissenschaftlichen Postille «Mankind Quarterly», zu deren Gründern der Rassentheoretiker Otto Freiherr von Verschuer gehörte. Er war Doktorvater von SS-Arzt Josef Mengele, der im KZ Auschwitz Häftlinge für seine Experimente mit Krankheitserregern verseuchte und deren «Proben» seinem Mentor Verschuer zum weiterführenden wissenschaftlichen Studium nach Berlin schickte.

© Tages-Anzeiger; 20.04.2010