Die «City University» ist pleite, die Studenten stehen vor dem Nichts. Der Rektor aber hat schon neue Pläne: Er vertreibt den Elektrosmog von Handys und hilft dank Wissen in Quantenphysik und Schamanismus Managern auf die Sprünge. von Christian Bütikofer
Zuerst jagte ein Gerücht das andere. Seit Neujahr munkelten einige Lehrkräfte des Schweizer Ablegers der «City University of Seattle» (CityU) in Wettingen, das Institut sei bankrott.
Dann bestätigte sich für die 135 Studenten aus Fernost und Afrika am 10. Januar der schlimme Verdacht: CityU Schweiz macht dicht.
Jetzt stehen die Studenten vor einem Scherbenhaufen. Sie haben zusammen jährlich um 3 Millionen Franken bezahlt, um sich im Wissensparadies Schweiz dank einer ausgezeichneten Bildung erfolgreich für die Zukunft zu rüsten.
Schweizer Rektor entmachtet
Am Tag der Hiobsbotschaft flog aus den USA sogleich Vizepräsident Steven Olswang ein. Er entmachtete den «Managing Director» des Schweizer Ablegers Cemal Erinmez und verkündete mit seiner Entourage, man liesse die Studenten nicht im Stich.
Am liebsten hätte der Amerikaner Steven Olswang die jungen Leute in weitere CityU-Ableger nach Griechenland oder in die Tschechische Republik verfrachtet.Doch sie wehrten sich. Sie sind verzweifelt: «Wir haben tausende Dollar ausgegeben, um hierher zu kommen. Es geht nicht nur um Geld. Die Zukunft sieht schwarz aus. Unsere wie auch die Erwartungen unserer Eltern wurden durch diese Uni enttäuscht», meint eine Person gegenüber «az».
Wieder neue heikle Versprechen
Jetzt versuchen sich die CityU-Manager in Schadensbegrenzung und versprechen, man suche für die Studenten in der Schweiz Universitäten, die sie übernähmen.
Das dürfte äusserst schwierig werden. Denn CityUs Lehrgänge sind von zweifelhaftem Wert. Die private Halb-Universität ist ein Beispiel dafür, wie Institute mit dem Begriff «Universität», englischen Schlagwörtern und dem guten Ruf der Schweiz Studenten anwerben und ihnen hier für teures Geld eine Ausbildung fragwürdiger Qualität verkaufen.
Das sieht der ehemalige Rektor Erinmez anders: «Die Studenten können praktisch in jede Schule übertreten, weil sie Ihre Credits innerhalb des Bolognasystems als Credits anrechnen lassen können.»
Fakt ist: Von der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten wird CityU nicht anerkannt, weil sie deren Qualitäts-Standards nicht erfüllt.
Chaos im Lehrplan und keine Lehrmittel
Einige Personen berichteten dieser Zeitung, in gewissen Lehrgängen hätten sie nicht einmal Kursmaterial erhalten. Erinmez meint dazu: «Ab Herbst 2009 hat die University vermehrt auf E-Books umgestellt. Aus ökologischen Gründen hat die University entschieden, in den Klassen keine Bücher mehr zu verteilen.»
Den Studenten wurden organisierte Praktika versprochen – suchen mussten sie die dann selbst, berichten Betroffene. Erinmez meint dazu: «Im Hospitality Bereich haben wir jedem Studenten geholfen, ein Internship zu bekommen. Dafür habe ich eigenhändig einen Herrn eingestellt. Diese Studenten wurden für diesen praktischen Einsatz auch durch ‘Gastro Zürich’ trainiert.»
Jene, denen man keinen Praktikumsplatz habe organisieren können, seien selbst Schuld gewesen, ist sich Erinmez sicher: «Sie wollten entweder nicht arbeiten, erschienen zu spät, kleideten sich falsch oder hatten sich nicht richtig aufgeführt. Sie haben nicht kooperiert, um nach dem schweizerischen Standard überhaupt bestehen zu können.»
Statt Praktikum Kurse beim Gewerbeverband Zürich
Dem widerspricht eine Informationsperson: «Nicht ein Student erhielt ein Praktikum, so wie es versprochen war: Ein Training von drei Monaten. Stattdessen wurden wir einmal pro Woche in einen ‘Trainings’-Kurs von Gastro Zürich geschickt. Doch die Uni zahlte die Rechnungen nicht und wir konnten nicht mal mehr dorthin gehen.»
Von «az» darauf angesprochen, gab sich Gastro Zürich-Schulleiterin Elisabeth Ruf wortkarg. Sie sagte: «Die Schüler waren da und haben ihre Kurse besucht. Weiter möchte ich aber nichts dazu sagen.»
Studenten der Bénédict-Schule «übernommen»
Eine andere Person machte schon bei der Ankunft negative Erfahrungen: In Zürich angekommen, existierte die «Business Management School Wettingen» BMSW der Bénédict-Schule schon nicht mehr – dort hatte er sich in seinem Heimatland eingeschrieben.
Doch statt in die BMSW einzutreten, wurde er von CityU «übernommen».
Erinmez meinte, die BMSW konnte die Lehrgänge nicht durchführen, weil anscheinend zuwenig Studenten Visa erhielten und dadurch verspätet waren für den Herbstbeginn. Die habe man dann übernommen.
Doch der Fall dürfte anders liegen: Die BMSW – Bénédict Business Management School Wettingen musste das Feld räumen, weil sie den kantonalen Akkreditierungs-Bestimmungen für Schweizer Hochschulen nicht genügte.
Auf der Website von CityU Schweiz war die Rede davon, man hätte mit den Bénédict-Schulen für Betriebswirtschaftslehre und «Hospitality Management» eine Übereinkunft getroffen. Und noch heute wirbt die BHMS – Bénédict Business & Management School in Luzern mit der CityU.
Astronomie für Hotellerie
Andere Studenten berichteten auch über fachfremde Kurse wie etwa Astronomie als Ergänzungsfach zu Hotellerie. Auch hier wehrt Erinmez ab: «Beim Bachelor sind 180 Academic Credits zu ‘ernten’ und nur 30 sind fachspezifisch.»
In Wettingen sind solche Uni-Geschichten nichts Neues: Vizeammann Heiner Studer kann sich an ähnliche Szenen erinnern, die sich vor ein paar Jahren an denselben Örtlichkeiten abspielten: Auch damals ging an der Klosterstrasse eine so genannte Hochschule Pleite.
Die Hintermänner lockten die Studenten etwa damit an, das Institut verfüge über eine eigene grosse Bibliothek. Es stellte sich dann heraus, dass sie damit die Zürcher Zentralbibliothek meinten.
Auch «Managing Director» mit CityU-Abschluss
CityU-Schweiz-Schulmeister Cemal Erinmez machte sich im Buch «Business und Ethik» über verantwortungsvolles Geschäften Gedanken. Obwohl Ende Mai 2010 längst absehbar war, wie schlecht es um sein Institut steht, machte er fleissig weiter Werbung für seine Kurse.
Die Frage, wieviel er als «Managing Director» der CityU pro Monat verdient habe, tut für ihn «nichts zur Sache», aber er könne versichern, dass der Verdienst stark unter dem Salär eines Schweizer Managing Directors gelegen habe.
Erinmez verfügt nach eigenen Angaben über einen Abschluss in «Master of Business Administration» (MBA). Erhalten hat er ihn 1991 – von der CityU. Studenten berichten, er habe an der CityU auch unterrichtet, was Erinmez bestätigt. Dabei konnte er aus der Erfahrung schöpfen und auch von den Tücken des Wirtschaftslebens berichten: 1998 wurde gegen ihn der Privatkonkurs eröffnet.
Ein Kleber gegen den Elektrosmog
Nebenbei mischt Cemal Erinmez mit seiner Mikroprofil AS GmbH auch im Metallhandel mit. Die ist im Handelsregister noch immer an einer Adresse angemeldet, die er seit 2005 verliess. Dazu mochte er sich gegenüber «az» nicht weiter äussern.
Der MBA-Absolvent tanzt auf vielen Hochzeiten. So neutralisiert er gegen einen kleinen Obulus bei jedem Handy den Elektrosmog. Man muss nur für knapp 40 Franken eine spezielle Vignette aufs Gerät kleben.
Quantenphysik und Schamanismus
Wissenschafter und Gastdozent Cemal Erinmez genoss auch eine Ausbildung in Quantenphysik, chinesischer Medizin und Schamanismus. Mit seiner «Acmos-Methode» hilft er gratis bei Flugangst oder Blähungen.
Management-Seminare aber kosten extra: Für 1000 Franken sind Wirtschaftskapitäne dabei. Erinmez behauptet auf einer Website, für seine Acmos-Methode betreibe er «Forschungsarbeit in Paris und Zürich.»
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