Archive for the ‘Bildungswesen’ Category

Strafanzeige gegen Ex-Rektor der Wettinger Pseudo-Universität

Wednesday, April 6th, 2011

Der Kanton Aargau hat gegen die Hauptperson der privaten «City University of Seattle» Strafanzeige eingereicht. Die Privatschule ging im Januar Konkurs, 130 Studenten landeten auf der Strasse. von Christian Bütikofer

Das letzte Kapitel im Trauerspiel um die «CityU» Schweiz ist noch lange nicht abgeschlossen. Im Januar machte der Schweizer Ableger der «City University of Seattle» Konkurs. Deren über 130 asiatische und afrikanische Studenten standen vor dem Nichts, obwohl sie zusammen Millionen Franken bezahlt hatten. Recherchen von az zeigten, dass deren Rektor eine illustre Vergangenheit hatte.

Nun hat das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige eingereicht. Der Kanton vermutet betrügerisches Handeln seitens des Hauptverantwortlichen. Das Departement verfügt über verschiedene Hinweise, die den Verdacht nähren, dass bei diesem Konkursfall betrügerische Absichten vorliegen könnten.

«Der gute Ruf des Bildungsplatzes Schweiz darf in keiner Weise durch unlauteres Gebahren in der privaten Aus- und Weiterbildung gefährdet werden», schreibt der Leiter Stab Hochschulen Alexander Hofmann in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung. Die Studenten hätten in Wettingen kein schweizerisches Diplom sondern den Abschluss einer amerikanischen Institution erlangt.

Angst vor Visa-Entzügen

Obwohl der Kanton weder ein Kontroll- noch ein Weisungsrecht gegenüber privaten Schulen hat, steht er den Studierenden beratend zur Seite. Eine der Ängste der Studenten ist die Visafrage. Denn wer mit einem Studentenvisum in die Schweiz kam und wegen der CityU-Konkurs plötzlich nicht mehr als Student gilt, läuft Gefahr, mit dem Migrationsamt Probleme zu bekommen.

Dazu Hofmann: «Wer eine Nachfolgeregelung sucht, bekommt auch Zeit dafür. Das Amt für Migration schaut, dass niemand deswegen ausgewiesen wird – natürlich immer im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen.»

Reklamationen wegen Buchhaltung

Laut Informationen von az wurde die Buchhaltung der CityU vom Wettinger Treuhandbüro Küng & Partner geführt. Informationspersonen bemängelten gegenüber der az, dass die Buchhaltung «nicht aktuell war mit den Zahlen». Offenbar wurden auch die Löhne über längere Zeit nur mit massiver Verzögerung ausbezahlt. Auf entsprechende Anfrage der Redaktion äusserten sich die Buchhalter nicht.

© az Aargauer Zeitung, 06.04.2011

Wirtschafts-«Uni»: in sieben Jahren zweimal völlig blank

Wednesday, January 19th, 2011

Die «City University» in Wettingen stellt 135 Studenten ohne Abschluss vor die Tür. Das Institut war in der Schweiz schon mal auf Visite. Damals gabs Beluga-Kaviar im Luxushotel. Und für Stimmung bei der Presse sorgte PR-Guru Klaus J. Stöhlker. von Christian Bütikofer

Der Schweizer Ableger der privaten Universität «City University of Seattle» (CityU) aus Wettingen ist bankrott. 135 Studenten aus dem Ausland, die zusammen pro Jahr mehrere Millionen Franken für Kurse fragwürdiger Qualität bezahlten, wissen nicht, wie es weiter gehen soll.

Recherchen zeigen: Die amerikanische Universität von der Westküste war in der Schweiz schon einmal zu Besuch.

1986 war sie ein Pionier, die CityU. Den verkalkten staatlichen Schweizer Hochschulen mit ihren jahrelangen Lehrplänen wollten die Amerikaner damals gehörig den Marsch blasen.

Für die PR zum Hotel beim Paradeplatz

Es war die Zeit der ersten privaten «Universitäten» nach US-Vorbild: Wer für 20 Monate berufsbegleitendes Studium 15’000 Franken zahlte, konnte sich danach den prestigeträchtigen Titel «Master of Business Administration» (MBA) um den Hals hängen.

Zur Eröffnung gabs erlesene Häppchen im exklusiven Zürcher Luxushotel «Savoy Baur en Ville», gleich beim Paradeplatz.

Sogar ein Politiker des US-Repräsentantenhauses war zugegen. Als PR-Manager engagierten die CityU-Bosse den selbsternannten PR-Guru Klaus J. Stöhlker.

Nicht ganz so exklusiv war der Unis erster Sitz: Die Studenten mussten an die Militärstrasse 84 im Zürcher Kreis 5 pilgern.

Ein Politiker als Aushängeschild…

Die CityU war der erste Player in diesem Feld. Ihr Erfolg war offenbar überwältigend. Initiator Michael A. Pastore behauptete, kurz nach Gründung hätten bereits über 1300 Personen ihr Interesse bekundet.

Wie heute, startete die Schule auch damals mit einer Firma, der Aktiengesellschaft «Educational Programs of City University of Bellevue, Washington State, USA». Das Kapital betrug 50’000 Franken, der damalige Zürcher FDP-Kantonsrat Hans Hartmann durfte im Beirat Platz nehmen.

… Wirtschaftsgrössen als Garanten für Seriosität

Die CityU versuchte schon damals mit Wirtschaftsgrössen Eindruck zu schinden: Assistiert wurde der FDP-Politiker von IBM-Kadermann Peter Gernert, Peter Graf, Direktor der Badener Nuklearfirma Motor Columbus  (die heute skandalumwitterte AF-Colenco), Gian Andri Vital von Standard Telephon und Radio AG, Max Rüegger der Tasa International sowie Peter Ritter, schillernder Treuhänder der Vaduzer Ritter und Partner Holding sowie Präsidial Anstalt.

Eine Schule mutiert zur Universität

Kurz bevor die Initiatoren der «Universität» aus Seattle die Schweiz als Ziel für ihre MBAs ausmachten, war das Institut in den USA noch als «College» bekannt – ein ganz normales Gymnasium.

Das zur Universität aufgebohrte «City College» verfügte damals gerade mal über sechs vollamtliche Lehrkräfte und 148 nebenamtliche Dozenten. Von den sechs Vollangestellten hatte keiner doktoriert, eine Person besass ein MBA.

Die Universität verfügte weder über eine eigene Bibliothek, noch betrieb sie eigene Forschungen.

«Ehrendoktor» nach Wilhelm Tell-Rede

In Deutschland war CityU früh in eine Politiker-Affäre verwickelt: Rezzo Schlauch, Fraktionschef der Grünen, wurde von der Uni erfolglos auf Unterlassung eingeklagt. Streitwert: 500’000 Deutsche Mark. Er betitelte die CityU 1991 «als Universität getarnte drittklassige Volkshochschule».

Schlauch kam der CityU-Ehrendokturhut des Baden-Württembergischen Wirtschaftsministers Hermann Schaufler verdächtig vor, denn «Dr. h.c.» Schaufler sass auch im Beirat des deutschen CityU-Ablegers.

Sein Ministerium bemühte sich darum, dass das private Institut vom Topf staatlicher Förderhilfe naschen durfte – 300’000 Deutsche Mark standen auf dem Spiel. Schlauch verdächtigte den Minister, er habe sich auf Steuerzahlers Kosten diesen Doktorhut verschafft.

Den Ehrendoktor erarbeite sich der Herr Minister, indem er im Hochschul-Hauptquartier in Seattle einen Festvortrag vor Studenten hielt. Geistiger Höhepunkt: Ein Zitat aus Friedrich Schillers «Wilhelm Tell».

Auch ABB setzte auf die Pseudo-Uni

Die Schweizer Wirtschaft fand offenbar Gefallen an City University of Seattles Schweizer Ableger. Bald schon schafften es die CityU-Verantwortlichen, Firmen wie die ABB ins Boot zu holen.

Der Run aufs «MBA made in USA» währte aber offenbar nicht ewig und die Schweizer Hochschulen sorgten mit massgeschneiderten Kursen dafür, dass die CityU kontinuierlich an Kundschaft verlor.

2003 kam dann das bittere Ende: Die «Universität» ging in Liquidation, das Institut verschwand von der Bildfläche – vorerst.

Das gleiche Muster wie in der Schweiz zeigte sich im Ausland auch bei anderen Ablegern. Etwa in der Slowakei. Dort wurde 1991 ein Institut gegründet, das Mitte 2003 wieder aufgelöst wurde. Mit einer zweiten Firma machten die Amerikaner jedoch weiter.

Heutiger CityU-Boss war schon damals Direktor

In der Schweiz gründete der CityU-Abgänger Cemal Erinmez 2007 mit einer neuen Firma einen erneuten Schweizer Ableger der CityU.

Beim gescheiterten Vorgänger bekleidete er im Jahr 2000 bereits den Posten eines Direktors.

Auch das zweite Abenteuer endete nach drei Jahren für Erinmez unrühmlich. Die Konsequenzen aber tragen vorerst die 135 eingeschriebenen Studenten aus Fernost und Afrika.

© 19.01.2011, Aargauer Zeitung

Trotz Studenten-Millionen: Wettinger «Universität» ist pleite

Tuesday, January 18th, 2011

Die «City University» ist pleite, die Studenten stehen vor dem Nichts. Der Rektor aber hat schon neue Pläne: Er vertreibt den Elektrosmog von Handys und hilft dank Wissen in Quantenphysik und Schamanismus Managern auf die Sprünge. von Christian Bütikofer

Zuerst jagte ein Gerücht das andere. Seit Neujahr munkelten einige Lehrkräfte des Schweizer Ablegers der «City University of Seattle» (CityU) in Wettingen, das Institut sei bankrott.

Dann bestätigte sich für die 135 Studenten aus Fernost und Afrika am 10. Januar der schlimme Verdacht: CityU Schweiz macht dicht.

Jetzt stehen die Studenten vor einem Scherbenhaufen. Sie haben zusammen jährlich um 3 Millionen Franken bezahlt, um sich im Wissensparadies Schweiz dank einer ausgezeichneten Bildung erfolgreich für die Zukunft zu rüsten.

Schweizer Rektor entmachtet

Am Tag der Hiobsbotschaft flog aus den USA sogleich Vizepräsident Steven Olswang ein. Er entmachtete den «Managing Director» des Schweizer Ablegers Cemal Erinmez und verkündete mit seiner Entourage, man liesse die Studenten nicht im Stich.

Am liebsten hätte der Amerikaner Steven Olswang die jungen Leute in weitere CityU-Ableger nach Griechenland oder in die Tschechische Republik verfrachtet.Doch sie wehrten sich. Sie sind verzweifelt: «Wir haben tausende Dollar ausgegeben, um hierher zu kommen. Es geht nicht nur um Geld. Die Zukunft sieht schwarz aus. Unsere wie auch die Erwartungen unserer Eltern wurden durch diese Uni enttäuscht», meint eine Person gegenüber «az».

Wieder neue heikle Versprechen

Jetzt versuchen sich die CityU-Manager in Schadensbegrenzung und versprechen, man suche für die Studenten in der Schweiz Universitäten, die sie übernähmen.

Das dürfte äusserst schwierig werden. Denn CityUs Lehrgänge sind von zweifelhaftem Wert. Die private Halb-Universität ist ein Beispiel dafür, wie Institute mit dem Begriff «Universität», englischen Schlagwörtern und dem guten Ruf der Schweiz Studenten anwerben und ihnen hier für teures Geld eine Ausbildung fragwürdiger Qualität verkaufen.

Das sieht der ehemalige Rektor Erinmez anders: «Die Studenten können praktisch in jede Schule übertreten, weil sie Ihre Credits innerhalb des Bolognasystems als Credits anrechnen lassen können.»

Fakt ist: Von der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten wird CityU nicht anerkannt, weil sie deren Qualitäts-Standards nicht erfüllt.

Chaos im Lehrplan und keine Lehrmittel

Einige Personen berichteten dieser Zeitung, in gewissen Lehrgängen hätten sie nicht einmal Kursmaterial erhalten. Erinmez meint dazu: «Ab Herbst 2009 hat die University vermehrt auf E-Books umgestellt. Aus ökologischen Gründen hat die University entschieden, in den Klassen keine Bücher mehr zu verteilen.»

Den Studenten wurden organisierte Praktika versprochen – suchen mussten sie die dann selbst, berichten Betroffene. Erinmez meint dazu: «Im Hospitality Bereich haben wir jedem Studenten geholfen, ein Internship zu bekommen. Dafür habe ich eigenhändig einen Herrn eingestellt. Diese Studenten wurden für diesen praktischen Einsatz auch durch ‘Gastro Zürich’ trainiert.»

Jene, denen man keinen Praktikumsplatz habe organisieren können, seien selbst Schuld gewesen, ist sich Erinmez sicher: «Sie wollten entweder nicht arbeiten, erschienen zu spät, kleideten sich falsch oder hatten sich nicht richtig aufgeführt. Sie haben nicht kooperiert, um nach dem schweizerischen Standard überhaupt bestehen zu können.»

Statt Praktikum Kurse beim Gewerbeverband Zürich

Dem widerspricht eine Informationsperson: «Nicht ein Student erhielt ein Praktikum, so wie es versprochen war: Ein Training von drei Monaten. Stattdessen wurden wir einmal pro Woche in einen ‘Trainings’-Kurs von Gastro Zürich geschickt. Doch die Uni zahlte die Rechnungen nicht und wir konnten nicht mal mehr dorthin gehen.»

Von «az» darauf angesprochen, gab sich Gastro Zürich-Schulleiterin Elisabeth Ruf wortkarg. Sie sagte: «Die Schüler waren da und haben ihre Kurse besucht. Weiter möchte ich aber nichts dazu sagen.»

Studenten der Bénédict-Schule «übernommen»

Eine andere Person machte schon bei der Ankunft negative Erfahrungen: In Zürich angekommen, existierte die «Business Management School Wettingen» BMSW der Bénédict-Schule schon nicht mehr – dort hatte er sich in seinem Heimatland eingeschrieben.

Doch statt in die BMSW einzutreten, wurde er von CityU «übernommen».

Erinmez meinte, die BMSW konnte die Lehrgänge nicht durchführen, weil anscheinend zuwenig Studenten Visa erhielten und dadurch verspätet waren für den Herbstbeginn. Die habe man dann übernommen.

Doch der Fall dürfte anders liegen: Die BMSW – Bénédict Business Management School Wettingen musste das Feld räumen, weil sie den kantonalen Akkreditierungs-Bestimmungen für Schweizer Hochschulen nicht genügte.

Auf der Website von CityU Schweiz war die Rede davon, man hätte mit den Bénédict-Schulen für Betriebswirtschaftslehre und «Hospitality Management» eine Übereinkunft getroffen. Und noch heute wirbt die BHMS – Bénédict Business & Management School in Luzern mit der CityU.

Astronomie für Hotellerie

Andere Studenten berichteten auch über fachfremde Kurse wie etwa Astronomie als Ergänzungsfach zu Hotellerie. Auch hier wehrt Erinmez ab: «Beim Bachelor sind 180 Academic Credits zu ‘ernten’ und nur 30 sind fachspezifisch.»

In Wettingen sind solche Uni-Geschichten nichts Neues: Vizeammann Heiner Studer kann sich an ähnliche Szenen erinnern, die sich vor ein paar Jahren an denselben Örtlichkeiten abspielten: Auch damals ging an der Klosterstrasse eine so genannte Hochschule Pleite.

Die Hintermänner lockten die Studenten etwa damit an, das Institut verfüge über eine eigene grosse Bibliothek. Es stellte sich dann heraus, dass sie damit die Zürcher Zentralbibliothek meinten.

Auch «Managing Director» mit CityU-Abschluss

CityU-Schweiz-Schulmeister Cemal Erinmez machte sich im Buch «Business und Ethik» über verantwortungsvolles Geschäften Gedanken. Obwohl Ende Mai 2010 längst absehbar war, wie schlecht es um sein Institut steht, machte er fleissig weiter Werbung für seine Kurse.

Die Frage, wieviel er als «Managing Director» der CityU pro Monat verdient habe, tut für ihn «nichts zur Sache», aber er könne versichern, dass der Verdienst stark unter dem Salär eines Schweizer Managing Directors gelegen habe.

Erinmez verfügt nach eigenen Angaben über einen Abschluss in «Master of Business Administration» (MBA). Erhalten hat er ihn 1991 – von der CityU. Studenten berichten, er habe an der CityU auch unterrichtet, was Erinmez bestätigt. Dabei konnte er aus der Erfahrung schöpfen und auch von den Tücken des Wirtschaftslebens berichten: 1998 wurde gegen ihn der Privatkonkurs eröffnet.

Ein Kleber gegen den Elektrosmog

Nebenbei mischt Cemal Erinmez mit seiner Mikroprofil AS GmbH auch im Metallhandel mit. Die ist im Handelsregister noch immer an einer Adresse angemeldet, die er seit 2005 verliess. Dazu mochte er sich gegenüber «az» nicht weiter äussern.

Der MBA-Absolvent tanzt auf vielen Hochzeiten. So neutralisiert er gegen einen kleinen Obulus bei jedem Handy den Elektrosmog. Man muss nur für knapp 40 Franken eine spezielle Vignette aufs Gerät kleben.

Quantenphysik und Schamanismus

Wissenschafter und Gastdozent Cemal Erinmez genoss auch eine Ausbildung in Quantenphysik, chinesischer Medizin und Schamanismus. Mit seiner «Acmos-Methode» hilft er gratis bei Flugangst oder Blähungen.

Management-Seminare aber kosten extra: Für 1000 Franken sind Wirtschaftskapitäne dabei. Erinmez behauptet auf einer Website, für seine Acmos-Methode betreibe er «Forschungsarbeit in Paris und Zürich.»

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