Ex-Direktor vom Xamax-Boss hatte 100 Millionen Dollar gewaschen

Ein Direktor von Bulat Tschagajews Firma Sovamericantrade wurde wegen Geldwäscherei verurteilt. Der Xamax-Boss nahm die Dienste eines verurteilten UBS-Managers in Anspruch – der Banker war in einen weiteren Korruptionsfall in Russland verwickelt. von Christian Bütikofer

Im Dezember 1990 gründet Bulat Tschagajew das «internationale Konsortium» Sovamericantrade – eines jener Joint-Venture-Unternehmen, die mit einer Genehmigung staatlicher Stellen der damaligen Sowjetunion aktiv werden konnten.

Denn ab Mitte der 1980er-Jahre ermöglichte es die Sowjetunion westlichen Unternehmen, sich in begrenztem Umfang an sowjetischen Firmen zu beteiligen. Die Hoffnung der Kommunisten bestand darin, dass ein Technologietransfer stattfinden würde und dem maroden Staat harte Devisen zugeführt würden.

Bulat Tschagajew amtete als Verwaltungsratspräsident der Sovamericantrade, die ihren Hauptsitz in Grozny hatte, der Hauptstadt der damaligen Tschetschenisch-Inguschetischen Autonomen Sowjetrepublik. Tschagajew sagte gegenüber dem Wirtschaftsmagazin «PME», zur Sovamericantrade-Gruppe gehörten 12 Firmen.

Sovamericantrade verfügte über Zweigstellen in New York und Moskau. Die Firma suchte westliche Investoren. Als Handelszweck gab Tschagajew so verschiedene Tätigkeiten wie die Lebensmittelindustrie, Lederwaren und den Import von Fernsehern an, wie Recherchen der Tageszeitung «Le Temps» zeigten.

1993 kam Sovamericantrade-Direktor Ali Ibragimov ins Visier der Justiz. Er wurde beschuldigt, über die Konten der Sovamericantrade öffentliche Gelder veruntreut und Geldwäsche betrieben zu haben.

Die Untersuchung war umfangreich und füllte 1500 Seiten. Während der Ermittlung beschuldigte Bulat Tschagajew seinen Direktor Ali Ibragimov. Während diverser Befragungen 1997 bezeichnete er sich als «arbeitslos» seit 1996.

Ibragimov wurde 2004 zusammen mit zwei weiteren Tschetschenen zu zwei Jahren Gefängnis verdonnert – wegen Geldwäscherei im Umfang von 100 Millionen Dollar.

Verurteilter Banker führte Konten

Bulat Tschagajew eröffnete Konten bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, die Vorgängerfirma der UBS. Seine Konten führte der Banker M.R., der fürs Osteuropa-Geschäft zuständig war. 2002 wurde M.R. im Zuge des als «Mabetex-Affäre» bekannt gewordenen Korruptions-Skandals mit Ursprung in der Schweiz wegen Geldwäscherei verurteilt.

Bulat Tschagajew wurde von der Justiz nicht belangt. Doch der zuständige Untersuchungsrichter Rachid Bulatow fühlte sich gegängelt. 1997 beklagte er sich in einer russischen Zeitung, dass er sofort unter Druck geriet, als er über wichtige Namen wie Bulat Tschagajew zu ermitteln begann.

Gegenüber «Le Temps» wollten dazu weder Bulatow noch Tschagajew einen Kommentar abgeben.

Joint-Venture-Firmen im Strudel der Korruption

Die Gründe für das beredte Schweigen dürfte in der ganz besonderen Geschichte der sowjetischen Joint-Venture-Firmen liegen.

Ab Mitte der 1980er-Jahre ermöglichte es die Sowjetunion westlichen Unternehmen, sich in begrenztem Umfang an Sowjet-Firmen zu beteiligen.

Mit Stichtag vom 31. Januar 1990 geschäfteten während der vom letzten Präsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow begonnenen Öffnung 1300 solche Joint-Venture-Unternehmen mit dem Westen. Doch nur ein einziges Projekt war gewinnbringend.

1991 machte das russische Wirtschaftsmagazin «Kommersant» bekannt, dass Joint-Venture-Unternehmen nur magere 0,2 zum Bruttosozialprodukt der Sowjetunion beitrugen. Das war viel zu wenig, als dass sie dazu beigetragen hätten, der darniederliegenden Grossmacht wieder auf die Beine zu helfen.

Im Gegenteil: Die vom Staat sanktionierten Joint-Venture-Unternehmen versanken in einem Sumpf von Bestechungsgeldern, Finanzmanipulationen und dem Import von elektronischem Equipment und Computerhardware für den Verkauf auf dem Schwarzmarkt. Dies zeigte ein offizieller Report des Statistischen Amtes der Sowjetunion.

Die Geschäftsführer dieser Joint-Venture-Unternehmen mussten alle über hervorragende politische Verbindungen verfügen, denn ohne Bewilligung der Sowjet-Bürokratie wurde keine solche Firma gegründet – von freiem Unternehmertum konnte also keine Rede sein.

Wenige Tage nach diesem Report musste der Präsident der Sowjetunion Michail Sergejewitsch Gorbatschow im Westen um Unterstützungsgelder in Milliardenhöhe betteln.

© az Aargauer Zeitung, 14.09.2011

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