Chaos im TV-Himmel: Der Ex-Chef der Produzenten von Serien wie der «Schillerstrasse» hat Anzeigen in Millionenhöhe am Hals. Gegen einen Schweizer Ex-Aufsichtsrat wird wegen Geldwäscherei ermittelt. Im Vorstand tobte ein Machtkampf. von Christian Bütikofer
Bei der Mistral Media AG hängt der Haussegen schief. Der deutschen Holding gehören TV-Produktionsfirmen wie die Hurricane Fernsehproduktion, die beim Privatsender ProSiebenSat.1 für so bekannte Comedy-Formate wie «Schillerstrasse» oder «Genial daneben» garantiert.
Nichts zu lachen hat momentan deren Ex-Geschäftsführer Marc Schubert – ausgerechnet seine frühere Firma hat ihn Mitte Februar angezeigt. Es geht um den Verdacht der Untreue über 1,5 Millionen Euro, Luxusausgaben, dubiose Geschenke.
Schuberts Nachfolger Stephan Brühl äusserte im «Spiegel» happige Vorwürfe: «Meiner Meinung nach hat Schubert das Unternehmen als sein eigenes betrachtet und ausgenutzt.» Der ist sich keiner Schuld bewusst und meinte gegenüber dem Nachrichtenmagazin, es habe alles stets «mit Wissen und dem schriftlichen Einverständnis des Aufsichtsrates und der amtierenden Manager stattgefunden».
Verschiedene Schweizer Investoren
Dass bei Unternehmen der Mistral-Gruppe die Auftragslage nicht gerade rosig war, wussten Eingeweihte seit längerem – nicht nur die Jahresberichte zeugten davon. Von einst 8 Euro pro Aktie fiel deren Wert zwischenzeitlich auf 40 Cent.
Auch die Verdachtsmomente gegen einige Führungspersonen dürften schon länger bestanden haben. An der letzten Hauptversammlung im August probte dann die Mehrheit der Aktionäre den Aufstand.
Mit dabei auch die Schweizer Sonova SA und die SIX SIS AG, eine Tochter der SIX Group. Die SIX SIS vertrat mit 1,1 Millionen Aktien einen guten Sechstel der anwesenden Stimmen. SIX-Mediensprecher Stephan Meier sagte gegenüber az, man sei im Auftrag eines Kunden aktiv geworden. Immerhin 42‘000 dieser Aktien gab SIX SIS aber gemäss Versammlungsprotokoll als «Eigenbesitz» an.
Aufsichtsrat lange Zeit in Haft
In einem Coup wurden etliche Aufsichtsräte abgewählt – unter anderem auch der Aufsichtsratsvorstand; er war ein langjähriges Mitglied des Aufsichtsrats und Intimus des israelischen Geschäftsmannes Jacob Agam, einem Grossaktionär der Mistral Media. Der ehemals oberste Überwacher über die Geschäftstätigkeit der Mistral-Gruppe ist ein Schweizer Treuhänder. Gegen ihn ermittelt die Bundesanwaltschaft seit längerer Zeit in einem anderen Fall wegen des Verdachts auf Geldwäscherei und anderer Delikte. Deshalb verbrachte er auch längere Zeit in Untersuchungshaft – die Probleme der Mistral Media dürften deshalb nicht gerade zu seinen grössten Sorgen gehört haben.
Ihre Abwahl im August 2010 nahmen die unterlegenen Aufsichtsräte aber nicht einfach so hin. Erst Ende März 2011 wurde eine entsprechende Anfechtungsklage zurückgezogen.
Weitere Klagen werden folgen
Gleichzeitig verkündete die Mistral-Gruppe einschneidende Massnahmen: Das Medienportal DWDL.de wird verkauft, «Personalanpassungen» folgen. Und auch neue Klagen werden folgen. So verlautete Mistral Media, man bereite eine Haftungsklage und Zivilklagen vor, mit der das Unternehmen die Rückzahlung von 31 Millionen Euro durch den Ex-Geschäftsführer Marc Schubert und weitere Personen verlangt.
Rüffel der Finanzaufsicht BaFin
Doch damit nicht genug. Wenig später nach dem Coup während der Hauptversammlung Mitte August 2010 publizierte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dass Mistral Media einen fehlerhaften Konzernabschluss fürs Geschäftsjahr 2008 ablieferte. So bemängelte die BaFin etwa, man habe nicht ausreichend über Risiken informiert und über den massiven Umsatzrückgang (-37%) hätten sich Aussenstehende nicht richtig informieren können.
© az Aargauer Zeitung 2011; 12.04.2011