In den USA musste die UBS Millionen Strafe zahlen, weil die Bank systematisch Steuerbetrügern half. In Frankreich soll die Bank ein ähnliches System aufgezogen haben. Das legen Dokumente nahe, die den Buchprüfern zugespielt wurden. von Christian Bütikofer
Die Chefinspektorin der Französischen Zentralbank Florence Mercier-Baudrier prüft seit Mitte Dezember mit fünf Spezialisten die Bücher der UBS Frankreich.
Während dieser Routinekontrolle wurde den Buchprüfern nun Dokumente zugespielt, die zeigten, dass die Bank jahrelang systematisch Franzosen beim Steuerhinterziehen geholfen habe. Das System hiess «Carnet du lait» – «Milchbüchlein». Dies meldet der Finanzdienst Indigo Publications, der die verräterischen Akten einsehen konnte.
Die Dokumente untermauern Anschuldigungen, die geschasste ehemalige UBS Kader seit Monaten erhoben hatten und die gegen ihre Kündigungen klagen.
Dazu gehört auch der ehemalige oberste interne UBS France-Buchprüfer N. F., der diesen Februar vor dem Arbeitsgericht erscheinen wird. Er wurde offiziell wegen schweren Verschuldens entlassen.
F. aber sagt, wie andere UBS France-Mitarbeiter auch, er sei gefeuert worden, weil er das Fehlverhalten seiner Kollegen anonym nach den internen Whistleblower-Regeln meldete. Doch statt den Machenschaften auf den Grund zu gehen, hätten ihn die Verantwortlichen enttarnt und rausgeworfen.
F. und der ehemalige Kadermann S. H. der Filiale Strasbourg sagen weiter, seit 2003 habe UBS France im Zusammenspiel mit der UBS Schweiz ein ähnliches System für Steuerbetrüger aufgezogen, wie es in den USA der Fall war. Weitere Ex-Kader aus Bordeaux, Lille und Cannes bezeugten diese Aussagen.
Diverse Profifussballer sind aufgeführt
Chefprüferin Mercier-Baudrier erhielt die detaillierten Dokumente letzten Monat anonym. Darin sind die Namen der Steuerbetrüger aufgelistet sowie jene UBS-Kadermitarbeiter, die vom Betrugssystem Gebrauch machten.
Neben der Filiale Paris sind laut den Dokumenten auch jene von Lyon und Strasbourg betroffen. Damit die Deals nicht auffielen, seien neben der normalen Buchhaltungs-Informatik Transfers ausserhalb dieses Systems getätigt worden – in einer Art Parallelbuchhaltung.
In Paris sind als Kunden dieses buchhalterischen «Sonderzugs» neben der Hauptaktionärin des Kosmetikkonzerns L’Oréal Liliane Bettencourt auch zwei wichtige Familien aus der Luftfahrtbranche und der Konsumgüterindustrie aufgeführt. Dazu gesellen sich auch diverse Profifussballer.
© az Aargauer Zeitung, 06.01.2011