Indien-Spiele: Weitere Schweizer Firma der Korruption verdächtigt

Das Organisations-Komittee der Commonwealth Games 2010 in Indien sperrte Gelder einer Lausanner Firma. Sie ist damit bereits das vierte Schweizer Unternehmen, das in den Korruptions-Strudel gerät. von Christian Bütikofer

Indische Untersuchungsbehörden haben massive Unregelmässigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen für die Commonwealth Games 2010 (CWG) in Neu Delhi festgestellt. Die Spiele fanden diesen Oktober statt, über 70 Nationen – ehemalige britische Kolonien – nahmen daran teil.

Die Ermittlungen haben das Organisations-Komittee der CWG jetzt gezwungen, diverse Zahlungen an Unternehmen vorläufig einzufrieren.

Davon betroffen ist auch die Event Knowledge Services (EKS) mit Sitz in Lausanne. EKS war unter anderem zusammen mit Ernst & Young zuständig fürs Projekt-Monitoring des Grossanlasses – für einen Vertrag im Wert von umgerechnet 7 Millionen Franken (32 crore, 320’000’000 Rupien).

Gemäss einem internen Revisoren-Bericht war der Vertrag in dieser Höhe unzulässig, das Organisations-Komittee habe ihn zudem ohne korrektes Ausschreibungs-Prozedere vergeben.

600’000 Franken vorläufig auf Eis

Wie «Daily News & Analysis» berichtete, hält das Organisationskomittee momentan einen Betrag von umgerechnet 600’000 Franken zurück. Die Untersuchungsbehörden interessieren neben der Auftragsvergabe auch Steuerfragen.

Verschachtelte Beteiligungen

EKS ist seit Monaten in der indischen Presse. Der Fernseh-Sender NDTV behauptete, dass EKS-Eigentümer Craig McLatchey nicht nur fürs Monitoring der Spiele zuständig sondern auch mit der Firma Sports Marketing and Management (SMAM) eng verbandelt sei. Der TV-Sender behauptete, McLatchey und SMAM seien «virtuelle Geschäftspartner» gewesen.

Die SMAM hätte internationale Werbekunden aquirieren und dafür fürstlich entlöhnt werden sollen: Der Vertrag hatte einen Wert von umgerechnet 50 Millionen Franken (230 Crore, 2’300’000’000 Rupien). Später wurde die Marketing-Firma gefeuert, weil sie angeblich bei der Kundengewinnung keinen Erfolg hatte.

Dazu kam, dass McLatchey neben seinem Beratervertrag und dem «virtuellen» Link mit SMAM auch noch im «Coordination Committee» der Commonwealth Games 2010 sass. Es hatte zur Aufgabe, die lokalen und internationalen Organisatoren der Spiele zu koordinieren.

Angeschuldigter bestreitet alle Vorwürfe

Gegenüber der indischen und australischen Presse bestritten EKS und McLatchey alle Vorwürfe vehement. Er sprach von einer «Schmierenkampagne», die gegen ihn im Gange sei. Er habe bei SMAM weder Stimmrechte noch eine Gewinnbeteiligung noch bekomme er von der Firma Dividenden.

Er sei auch nicht Mitglied des «Coordination Committees» gewesen sondern habe diese Kommission lediglich beraten und es habe zu keiner Zeit ein Interessenskonflikt bestanden. Sofern bei einer Beratung ein möglicher Interessenskonflikt hätte entstehen können, sei er jeweils in den Ausstand getreten.

In der australischen Presse wurde auch darüber spekuliert, dass McLatchey als Sündenbock für die mehr schlecht als recht durchgeführten Commonwealth Games 2010 hinhalten müsse.

Bestens vernetzt mit Olympia-Grössen

Craig McLatchey ist in der internationalen Sportszene bestens vernetzt. So sass er etwa mit Denis Oswald, einem hohen Schweizer Funktionär des Internationalen Olympischen Komittees (IOC), in der Olympic Games Knowledge Services OGKS SA. Sie war ein Spin-Off des IOCs und kümmerte sich um die Olympiade 2000 in Sydney.

Danach machte sich McLatchey mit der EKS selbstständig und bietet nun «Wissenstransfer und Consulting» für sportliche Grossanlässe an.

Das Budget der Commonwealth Games 2010 blähte sich von ursprünglich rund einer halben Milliarde auf gegen sieben Milliarden Franken auf. Die Vorbereitung wie auch die Durchführung der Spiele verliefen dabei sehr chaotisch.

Neben EKS gerieten auch die Schweizer Firmen Swiss Timing, Nüssli und Conica in den Strudel der Korruptionsvorwürfe.

© az Aargauer Zeitung; 02.12.2010

 

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