Wie der zweitgrösste Biermulti Millionen aus Afrika in Zug parkiert

Die Organisation Actionaid zeigt, wie die Bierbrauer von Millers und Grolsch in Afrika wirtschaften. Durch clevere Firmenstrukturen in der Schweiz und den Niederlanden umgehen sie jährlich Millionensteuern. Die Firma wehrt entrüstet ab. von Christian Bütikofer

Der britische Getränkemulti SABMiller ist vor allem für Bier wie Grolsch, Millers oder Pilsner Urquell bekannt. Das internationale Unternehmen besitzt in Afrika und Asien dutzende Brauereien und fuhr letztes Jahr einen Reingewinn von fast 2 Milliarden britischen Pfund ein (umgerechnet fast 3 Milliarden Franken).

Jetzt hat sich die Nichtregierungs-Organisation «ActionAid» die Finanzströme verschiedener Tochterfirmen näher angesehen und die Fakten im Report «Calling Time» im Internet veröffentlicht.

ActionAid entdeckte verschiedene Methoden, mit denen SABMiller Millionen an Unternehmenssteuern in den Ursprungsländern umgeht, indem mit kleveren legalen Kniffs Vermögen in Steuerparadiese wie Mauritius, die Niederlande und auch die Schweiz verschoben wird.

Hauptquartier Neuhofstrasse 4 in Baar

Besonders beliebt ist laut ActionAid das Verrechnen horrender Management-Gebühren an Zuger Firmen. Im Extremfall stehen die Brauereien in den Produzentenländern Afrikas und Asiens Ende Jahr ohne Profite da und zahlen nur minime Steuern. Die Gewinne aber wandern übers Steuerparadies Zug an der Neuhofstrasse 4 in Baar in Form von «Management-Abgaben» auf Schweizer Konten.

«Vorsichtig sein mit Auskünften»

ActionAid-Steuerexperte Martin Hearson besuchte eine der Hauptdrehscheiben in Baar, die Bevman Services im Business Center Neuhof. Bei der «Management-Firma» erkundigte sich ein ActionAid-Mitarbeiter nach einem Job im Bereich Internationale Personalführung und Marketing.

Er bekam zur Antwort, dass man diese Art von Dienstleistungen nicht anbiete, man sei nur die europäische Hauptstelle. Dann meinte die Person noch: «Ich muss vorsichtig sein mit Auskünften. Uns wurde gesagt, BBC oder eine ähnliche Institution würde auftauchen und Fragen stellen.»

Horrende «Management»-Gebühren fressen Profit weg

Durch überrissene jährliche Management- und Lizenzzahlungen an Firmen wie Bevman Services sowie weiteren Unternehmen würden die Produktionsländer im Süden knapp 20 Millionen Pfund jährlich verlieren, errechnete ActionAid (ca. 31 Millionen Franken).

Im laufenden Jahr habe Bevman Services bereits rund 1,5 Millionen Franken für Dienstleistungen bezahlt, die nach den Recherchen von ActionAid mit grösster Wahrscheinlichkeit gar nie stattfanden.

Der Konzern sparte sich damit die ghanaische Unternehmenssteuer von 25 Prozent. Ghana blieb nur der kleine Ertrag der Quellensteuer (8 Prozent). Diese darf Ghana gemäss dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz weiterhin auf Dienstleistungsvergütungen erheben. Die restlichen 17 Prozent aber im Wert von rund einer Viertel Million Franken, gingen fürs Entwicklungsland verloren.

Legales Steuersparen

Steuerexperte Martin Hearson gab gegenüber der englischen Tageszeitung «The Guardian» zu, dass diese Geldabflüsse legal seien und seit Jahrzehnten von darauf spezialisierten Experten praktiziert würden. Mit der Studie wolle man gegen dieses unethische Gebaren ankämpfen.

Die Reaktion von SABMiller blieb nicht aus. Gleich bei Erscheinen der NGO-Studie wies der Multi die Vorwürfe entschieden zurück. Der Report enthalte ungenaue und falsche Annahmen. Man sei eine transparente Firma und halte alle Gesetze ein. 2009 und 2010 habe die Firma über 500 Millionen US-Dollar in Afrika investiert.

SABMiller geht mit der Zeit: Neben einer Pressemitteilung im Web wurde die Firma etwa auch auf Twitter aktiv, um ihre Sicht der Dinge darzulegen.

Seco-Initiative unterlaufen

Pikanterweise unterstützt das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ausgerechnet in Ghana ein Programm zur Effizienzsteigerung des Steuersystems und verschiedene Massnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas für Auslandkonzerne.

Das Seco begründet, Ghana brauche dringend mehr eigene Einkünfte für die Armutsbekämpfung, ein Drittel der Bevölkerung lebt dort unter dem Existenzminimum. Die legalen Steuertricks von Konzernen wie SABMiller stellen die Seco-Bemühungen in Frage.

© az Aargauer Zeitung, 31.11.2010

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