Zum Artikel des Schweizer Ablegers des «Weltbunds der Ungarn», hier ein Text von Journalist Gregor Mayer von diesem Mai auf der Website des Residenz Verlags, der das kritische Buch «Aufmarsch – Die rechte Gefahr aus Osteuropa» publizierte. Mayers Replik dürfte einiges erklären, was hinter der heiligen «Empörung» senkrechter Ungarn zu finden ist:
«Der ungarische Sender Echo-TV widmet dem Buch «Aufmarsch – Die rechte Gefahr aus Osteuropa» einen längeren Beitrag und diffamiert die Autoren und den Verlag mit antisemitischen Klischees. Ein Hintergrundbericht von Gregor Mayer.
Ungarns populistische und extreme Rechte hat auf das Erscheinen des Buches „Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa” mit der Diffamierung der Autoren reagiert. Anstelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Aussagen des Ungarn-Teils des Buches operieren verschiedene Medien aus dem Umkreis des nunmehr regierenden Bundes Junger Demokraten (FIDESZ) und der rechtsextremen Jobbik mit der Unterstellung, die Verfasser des Bandes seien „Lügner” und „extrem ungarn-feindliche Kräfte” (u.a. FIDESZ-Tageszeitung „Magyar Nemzet”, Jobbik-nahes Nazi-Portal „kuruc.info”) . Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte diese Kampagne mit der Sendung „Éjjeli menedék” (Nachtasyl) des FIDESZ-nahen Senders Echo TV am 14. Mai 2010. Besagte Fernsehanstalt gehört dem Oligarchen Gábor Széles, der den FIDESZ unterstützt, und bietet immer wieder rechtsextremen Propagandisten und Ideologen eine Plattform, die entweder mit dem FIDESZ oder mit der Jobbik sympathisieren.
„Kronzeuge” der angestrebten „Aufmarsch”-Demontage am 14. Mai 2010 war der in der Schweiz lebende Ungar Csaba Kenessey. Er selbst bezeichnet sich als Journalist, schmückt sich aber auch gerne mit den pompösen Titeln eines „Generalsekretärs des Schweizer Rates des Weltbundes der Ungarn” oder eines „Schweizer Korrespondenten des Verbandes Unabhängiger Journalisten”. Seine wahrnehmbaren Aktivitäten beschränken sich jedoch darauf, Schweizer Medien mit Leserbriefen zu bombardieren, sobald dort etwas erscheint, das die ungarische Rechte in einem kritischen Licht erscheinen lässt. Kenessey verlangt dann gerne die Entlassung des betreffenden Berichterstatters. Besonders hartnäckig verfolgt er den „Aufmarsch”-Autor und Wiener Korrespondenten des „Tagesanzeigers”, Bernhard Odehnal, den er immer wieder als „Lügner” diffamiert.
Als am 31. März dieses Jahres der „Aufmarsch” in Zürich öffentlich präsentiert wurde, erschien auch Kenessey, um in der Diskussion das Buch als „Machwerk” und „Lüge” zu beschimpfen. Sein impulsiver Einwurf wurde vom Publikum als nervend bis erheiternd empfunden. Unter Berufung darauf, „Journalist” zu sein, filmte er die gesamte Veranstaltung mit. Nun ist klar, wozu: Das Material wurde in der Diffamierungssendung des Budapester Echo TV reichhaltig genutzt.
Weder der begleitende Sprechertext noch die Moderatorin im Studio versuchten, die Kritik an dem Buch in einen objektiveren Kontext zu stellen. Das ganze Setting beschränkte sich darauf, Kenessey die Stichwörter zu liefern. Schon der Vorspanntext stimmte auf das Folgende ein: „Nazi-Gefahr von rechts, Drohen mit der antisemitischen Gefahr bis zum Abwinken, Anschuldigungen der Rassismus-Rufer: die globalen Herren der Welt haben die bewährte Rezeptur, wie es scheint, erneut verschrieben, jetzt, da Viktor Orbán wieder Regierungschef wird und die Jobbik mit ungefähr 17 Prozent der Stimmen ins Parlament gelangte.” – „Was für eine Wirkung kann so ein Buch haben?”, fragte im Studio sorgenvoll die Moderatorin. Eigentlich keine, meinte Kenessey, denn verkaufen ließe es sich ohnehin nicht (Anm. RV: das Buch ist in der 2. Auflage). Über die Autoren sagte er: „Ich beobachte und bekämpfe seit Jahrzehnten die beiden, sich als Journalisten titulierenden Personen, die in der Geschichte des Journalismus wahrscheinlich eine neue Kategorie geschaffen haben, und zwar die der Berufslügner. Wer ihre Auftraggeber sind, weiß ich nicht. Da hätte ich auch ein, zwei Gedanken …” Ohne „Auftraggeber” ginge es nicht, da sich ein solch unverkäufliches Buch sonst nicht rechnen würde. Die Autoren hätten es nur geschrieben, weil sie „gegenüber ihren Auftraggebern beweisen mussten, dass sie die Aufgabe sehr wohl erfüllt haben, für die sie das Geld angenommen haben”.
Aber wer sind nun diese geheimnisvollen „Auftraggeber”, insistierte die Moderatorin. Kenessey kam ins Stammeln und rückte dann reichlich verworren mit der „Wahrheit” heraus: „Darüber hinaus gibt es hier noch welche, die sich wahrscheinlich hier ansiedeln wollen … und die Vorbereitung dessen, dass sie im gegebenen Fall in größeren Massen kommen, die von irgendwoher kommenden Siedler, wenn wir dagegen eventuell etwas unternähmen oder das Land dagegen revoltierte, dann soll das nicht eine Wirkung dieser Art haben beziehungsweise dass man dies von vornherein kompromittieren kann in der Art, das ist eben hier so oder so eine pampige Völkerschaft und obendrein Nazis … Das ist eine politische Waffe …” Die Bedeutung dieser konfusen Darstellung erhellt sich erst vor dem Hintergrund des rechtsextremen ungarischen Diskurses, wie er auch von der Jobbik und ihrem Führer Gábor Vona intensiv gepflegt wird: Demnach stehe Israel vor der Niederlage im Nahostkonflikt, infolgedessen Massen von israelischen Juden in Ungarn angesiedelt werden müssten – die „Auftraggeber” des Buches „Aufmarsch” würden demnach mit der Kompromittierung der ungarischen Patrioten, die sich derlei Plänen widersetzen, das Terrain für die „Massenansiedlung” vorbereiten.
Eine kodierte antisemitische Spitze ritt Kenessey dann auch noch gegen Paul Lendvai, der das Geleitwort zum Buch „Aufmarsch” verfasst hat und bei der Präsentation in Zürich mit am Podium saß. O-Ton Kenessey: „Paul Lendvai, der von sich selbst sagt, dass er aus Kosice (ung. Kassa, dt. Kaschau, slowakische Stadt, die zum historischen Ungarn gehörte, d. Red.) stammt …Gut, das ist sehr schön und gut, aber wo wer geboren ist, hat so weit überhaupt keine Bedeutung.” Auch er sei einer, der – wie Bernhard Odehnal und Gregor Mayer – Ungarn „berufsmäßig” anschwärze.»
Erschienen auf der Homepage des Residenz Verlags, Österreich