Hells Angels und Outlaws: Die Todfeinde brüsten sich im Internet

In Deutschland bringen sich Mitglieder der Motorrad-Gangs «Outlaws MC» und «Hells Angels MC» um. Nun droht der Konflikt in die Schweiz zu schwappen. Beide sind hier auf Expansionkurs, deren Mitglieder gratulieren sich zur Gewaltorgie im Internet.

Christian Bütikofer

Kaiserslautern war im Ausnahmezustand. Im Dezember 2009 mussten sich dort zwei Mitglider der Hells Angels vor Gericht verantworten. Sie sollen einen Regionalchef der Outlaws ermordet haben.

Am ersten Verhandlungstag wurden hunderte Polizisten aufgeboten, um die rivalisierenden Motorrad-Gangs auseinanderzuhalten. Etwa 1000 Anhänger beider Clubs reisten nach Kaiserslautern, in der Innenstadt herrschte Chaos.

Outlaws-Boss «aufmischen»

Diesen Mai wurden die zwei 29 und 43 Jahre alten Männer wegen Körperverletzung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Ihr Opfer, der 45 Jahre alte Präsident eines neuen Outlaw-Ablegers in Donnersberg (Rheinland-Pfalz, etwa 340 Km von Zürich), war spätabends bei der Heimfahrt von seinem Motorrad gestoppt und erstochen worden.

Die tödlichen Verletzungen soll ihm ein dritter, 27-jähriger Hells Angel zugefügt haben. Er ist bis heute untergetaucht.
Wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtete, sagte der Richter, die Hells hätten den Outlaw «aufmischen» wollen, um ihren Gebietsansprüchen in der Region Nachdruck zu verschaffen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Langjährige blutige Fehden

Die Auseinandersetzung in Deutschland erinnert an die Gewaltorgie diesen Samstag in Ehrendingen bei Baden. Hells und Outlaws statteten sich dort mit Schusswaffen, Stangen und Steinen einen «Besuch» ab und beschnupperten sich auf ihre ganz eigene Art. Über 100 Hells Angels wüteten laut der Aargauer Kantonspolizei wie die Berserker. Was Hells Angels-Anwalt Valentin Landmann vehement bestreitet.

Im verschlafenen Ehrendingen «besuchten» Mitglieder der «Hells Angels» die «Outlaws»-Gründungsversammlung:

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Die Outlaws wurden 1935 gegründet und haben weltweit über 1700 Mitglieder. Die Hells Angels gingen 1948 hervor, ihre Mitgliederzahl wird auf 2500 weltweit geschätzt. Beide Gruppierungen werden in den USA vom FBI als Organisierte Verbrechersyndikate eingestuft.

In Deutschland wurden einige Ableger (so genannte «Chapter») als kriminelle Vereinigung verboten. Sowohl die Outlaws wie auch die Hells tauchen in den Verfassungsschutzberichten der deutschen Bundesländer regelmässig auf.

«Engel sterben in Outlaws Staaten»

In den letzten Jahren kam es in Deutschland immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den zwei Gruppen. Die Outlaws zählen seit Jahren zu den grössten Rivalen der Hells Angels. Outlaws-Mitglieder in den USA haben dafür ein Akronym kreiert: ADIOS (Angels Die in Outlaw States, Engel sterben in Outlaw-Staaten), eine Kampfansage, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt.

Die Benutzung von allerlei Abkürzungen ist in der Szene üblich. So haben die Hells Angels in Zürich zum Beispiel die Webseite mit dem Akronym AFFA.ch registriert: «Angels Forever, Forever Angels» (Für immer Engel, Engel für immer).

Immer wieder sorgen beide Gangs durch ihre Gewaltbereitschaft und Nähe zu kriminellen Machenschaften für Furore: 1999 etwa erhielt der internationale Präsident der Outlaws, Harry Joseph Bowman, für drei Morde zweimal lebenslänglich – er wurde lange vom FBI gesucht:

Terror in Kanada

Zwischen 1994 und 2002 forderte ein Bikerkrieg zwischen den Hells Angels und einer anderen Gruppe namens «Rock Machine» in Kanada über 160 Tote, darunter auch 12 völlig unbeteiligte Personen. Die Polizei verzeichnete während diesem Konflikt 167 Mordversuche, 16 «Verschwundene», über 80 Explosionen und über 140 Brandbombenanschläge.

Auch innerhalb der Hells wurde gemordet: Ein exklusiver Zirkel der Hells Angels Montreal beschloss hinter dem Rücken ihrer «gemeineren» Brüder, den Drogenkurier Marc Dubé (22) mit einem Sprengsatz umzubringen. Dubé war ein perfektes Opfer: Er war mit den Hells lose verbunden, eine kleine Nummer. Einmal tot, würde ihn niemand gross vermissen.

Die Attacke auf einen Hells-nahen Kleinkriminellen – und dann noch in Hells-«Territorium» – sollte die Empörung und Kampfbereitschaft innerhalb der Gruppe stärken. Nach dem Mord hätte die Schuld der Gegenseite zugeschoben werden sollen.

Bei jenem Attentat kam auch ein 11-jähriger Knabe um – ganz schlechte PR. Die Hells versuchten sich dann in Schadensbegrenzung, indem sie die Mutter des toten Jungen mit Geld stillkriegen wollten. Der Versuch misslang.

«Die sollen sich verpissen!»

Die Hells Angels wussten schon lange, dass die Outlaws von Deutschland in die Schweiz expandieren wollen. Sie haben ganz offen auf ihrer europäischen Webseite angekündigt, einen Ableger in Baden zu gründen.

Kaum wurde die Auseinandersetzung in Ehrendingen bekannt, wurden die Hells auf ihrer Website mit Glückwünschen bedacht: «Respect, denen habt ihrs gezeigt», schreib «Tony» und «René» meint: «Die sollen sich verpissen! Die Schweiz ist und bleibt rot-weiss!» (Rot-Weiss sind die Farben der Hells).

Auf den Websites der Outlaws tönt es ähnlich: «Grossen Respekt an unsere Schweizer! Die Aktion jetzt am Wochenende zeigt Stärke und Entschlossenheit, gut gemacht!»

Hell Angels «klauen» Outlaws-Website

Die Expansion der Outlaws kommt den Hells Angels ziemlich ungelegen. Ende Februar 2010 gründeten die Hells in Basel einen neuen Ableger an der Hammerstrasse in Kleinbasel, wie Recherchen zeigen. Und um ihre Gegner zu ärgern, reservierten sich die Hells gleich mal die Internet-Domain «Outlawsmc.ch», wie etliche weitere Domains anderer MC-Vereine (Bandidos, Gremium).

Pikant: Die Hells bestehen auf der Schweizer Website darauf, ihre markengeschützten Logos und die Wortmarke nicht zu missbrauchen. Wenns um ihre Gegner geht, scheint dies nicht zu gelten.

Peinliche PR-Aktion auf CC-Talk

Es mutete unfreillig komisch an, als sich dieses Wochenende in der Polit-Talkshow «CC-Talk» auf dem Zürcher Sender «Star-TV» ein Mitglied der Hells Angels und der Anwalt Valentin Landmann im besten Lichte präsentieren durften. Da erklärten die zwei Gäste des Langen und Breiten, wie harmlos die «Hells Angels» seien, und wie übereifrige Justizbehörden die Hells völlig zu unrecht kriminalisierten.

Fast glaubte man ihnen, das angeschlagene Image der «Hells Angels» beruhte nur auf einem Irrtum. Doch die Bilder von Ehrendingen rücken die verkappte PR-Show im CC-Talk des Zürcher SVP-Kantonsrats Claudio Zanetti in ein ganz anderes Licht.

© Aargauer Zeitung Online, 15.06.2010

Nachtrag: Natürlich haben sich die Hells Angels Schweiz auch die CH-Domain des «Mongols MC» (mongolsmc.ch) «reserviert».

Als dieser Artikel recherchiert wurde, waren alle Domains offline. Jetzt sind einige live geschaltet. Sie wurden mit Willhelm Tell und anderem Schnickschnack garniert:

Die Hells Angels Schweiz scheinen sich vor allem um aktive MCs mit internationalen Ambitionen zu kümmern. «Bandidos», «Outlaws» und die «Mongols» haben alle Chapter in Deutschland und Österreich (bei den Mongols wird der Austria-Club mal eben angekündigt).

Marginalere MCs wie die «Sons of Silcence», die ebenfalls angeben, in Deutschland tätig zu sein, wurden von den Hells ebensowenig beachtet wie die «Pagans», die offenbar nur in den USA aktiv sind – und dort auch nur in engerem Rahmen.

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