So zerrte Roger de Weck die CS-Geldwäscher ans Licht

SRG-Generaldirektor Roger de Weck möchte mehr investigative Geschichten im Schweizer Fernsehen. Eine löbliche Idee, finde ich. De Weck weiss, wovon er spricht: Als 24-jähriger Journalist recherchierte er 1977 mit seinem älteren Kollegen Max Mabillard in der «Tribune de Genève» hartnäckig über die Bankfiliale Chiasso der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA).

Die SKA wurde später zur Credit Suisse, was die Gitterstäbe vor den Fenstern der Fassade am Paradeplatz noch heute bezeugen.

Was recherchierte de Weck?

Während sechzehn Jahren baute und verbaute Ernst Kuhrmeier, Direktor jener Filiale, ein eigenes Imperium im Schatten der Grossbank.

Milliardenverlust durch Spekulationen

Seine Machenschaften fügten der SKA einen Verlust bei, der die Milliardengrenze überschritt. Hand in Hand arbeitete der Filialdirektor mit dem angesehenen Tessiner Anwaltsbüro Maspoli & Noseda (die verlinkte Spiegel-Geschichte ist lesenswert).

Bei der SKA in Zürich wurde Kuhrmeiers Treiben lange geduldet. Als die ersten Anzeichen öffentlich wurden, versuchte man erst den Fall kleinzureden. Danach distanzierten sich die Bosse in Zürich von Kuhrmeier und liessen ihn fallen.

Mabillard und de Weck waren die ersten, die der Geschichte permanent nachgingen – notabene Journalisten einer liberalen Zeitung, fern jeglicher «linker» Verdächtigkeit.

Sie nahmen schlicht ihren Beruf als Journalisten ernst.

Auch die TAT (die damalige Migros-Zeitung, die den aufkommenden «Blick» konkurrieren wollte – einfach eher von der Perspektive des linken «Blick»-Winkels…) mit dem heutigen Sonntagszeitung-Journalisten Hanspeter Bürgin landeten mehrere Male Recherche-Primeurs in dieser Sache.

Perfektes Geldwäsche-System

Die Chiasso-Affäre beherrschte die Medien monatelang. Es war auch das erste Mal, wo richtig öffentlich wurde, wie der Schweizer Finanzplatz zum Handlanger Krimineller wurde und wie die Drogenmafia Italiens und der USA hier unbemerkt ein Zentrum zur Geldwäsche aufbauten.

Die Affäre führte dazu, dass Heinz Wuffli, Generaldirektor der SKA, wegen Chiasso seinen Hut nahm.

Sein Sohn Peter Wuffli wurde 2001 Konzernchef der Konkurrenzbank UBS (damals hiess sie SBG) und trat dort 2007 überraschend zurück – offenbar wegen Führungsfehlern, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Aber das nur nebenbei.

Journalistisches Lehrstück

Das Buch «Der Fall Chiasso» ist ein journalistisches Lehrstück: Auf einfache Weise erklären Mabillard und de Weck die komplizierten Tricks, welche Kuhrmeier und seine Komplizen erdachten, um aus italienischem Fluchtkapital Profit zu schlagen.

De Weck beschäftigte sich also schon vor über 30 Jahren mit einem Thema, das in der Schweiz aktueller nicht sein könnte.

Das Buch ist vergriffen. Man findet es aber sicher online bei Abebooks oder in grossen Bibliotheken wie der Zentralbibliothek Zürich.

PS: Den mit Abstand besten biographischen Abriss Roger de Wecks veröffentlichte Kollege Christian Mensch in der Basler Zeitung.


Basler Zeitung
19 Mai 2010

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