
Christian Bütikofer
Apples iPad ist da. Ab heute kann man das «revolutionäre» Wunderding in der Schweiz kaufen. Es katapultiert die Zeitungen ins digitale Zeitalter – auch in der Schweiz. Doch nicht alles am Gerät überzeugt.
Steve Jobs bereitet Zeitungen den Weg in die digitale Welt. Dafür hat der Apple-CEO mit dem iPad einen neuen Wurf gelandet. Wiederholt Apple den Erfolg, den die Firma mit dem iPhone-Handy hat? Und: Was ist das iPad genau, wozu taugt es wirklich? Was es draufhat – und wo es nicht genügt.
Aufgeblasenes iPhone
Auf den ersten Blick kommt einem das iPad vor wie ein überdimensioniertes iPhone, das Apple-Handy, das auf Fingerberührungen reagiert. So fühlt sich das iPad in der Bedienung auch an: Die Benutzeroberfläche ist mit Apples Handy praktisch identisch. Gesteuert wird es auf dem Bildschirm, einem so genannten Touchscreen, der auf leichtes Tippen und Streichen der Fingerkuppen reagiert. Das iPad liegt äusserst bequem in der Hand.
Farben und Konturen wiedergibt das Display prächtig und gestochen scharf. Der Touchscreen spiegelt aber schnell, direktes Sonnenlicht verstärkt diesen Effekt. In seinen Massen ist das iPad etwas kleiner als eine A4-Seite. Die Anzeigefläche ist deutlich grösser als bei jedem Handy, aber klar kleiner als bei Notebooks.
Konsumieren, nicht produzieren
Das iPad ist ein Zweitgerät, es kann weder Handys noch mobile Computer ersetzen: Leider kann man mit ihm weder einfach telefonieren noch vernünftig über längere Zeit tippen. Dafür ist die Software-Tastatur zu limitiert.
Doch obwohl das iPad für tägliche Büroarbeiten nicht geeignet ist, verfügt es über hervorragende Office-Programme, die auch Microsoft-Dokumente öffnen. Mit Google-Dokumenten macht es zuweilen Probleme.
Das Gerät ist vor allem zum Konsumieren da: Filme, Bilder, Games, Musik – das alles kann man ganz bequem nutzen. Auch Surfen oder E-Mails-Versenden ist möglich. Diese Funktionen allein genügten aber wohl nur den wenigsten Usern als Argument, sich ein Zweitgerät zu kaufen, das in der billigsten Version immerhin stolze 650 Franken kostet (vgl. Text rechts).
30 Dollar für 1400 Zeitungen
Wie beim iPhone kann man auch aufs iPad diverse Programme, so genannte «Apps», laden. Zum Schweizer Start sind bereits 5000 iPad-Apps vorhanden. Das überzeugendste Argument zum iPad-Kauf liefert eines dieser Apps. Der «PressReader» verwandelt das iPad in einen gigantischen Kiosk: Über 1400 tagesaktuelle Zeitungen aus der ganzen Welt können gelesen werden. Der Zugang ist nicht kostenlos, aber billig.
Für 30 Dollar pro Monat kann man mit PressReader jeden Tag unbegrenzt viele Zeitungen anschauen. Im Gegensatz zu allen anderen Apps von Schweizer Zeitungen liefert PressReader nicht nur Gratis-Webinhalte aufs iPad, sondern gleich die gedruckte Ausgabe als PDF-Dokument. Damit erhält man für die Kosten eines normalen Zeitungsabonnements auf einen Schlag unzählige Zeitungen pro Tag. Dank der bequemen Bedienung mit den Fingern macht das virtuelle Blättern und Schmökern in den digitalen Zeitungen auch richtig Spass.
Enttäuschend bei digitalen Büchern
Im Gegensatz zum Presseangebot enttäuscht das iPad bei digitalen Büchern. Das Gerät würde sich zwar auch hervorragend für digitale Bilder eignen, doch das Angebot ist zum Schweizer Start derart mager, dass sich ein Besuch des Shops fast nicht lohnt: Angeboten werden im Moment nur Bücher, deren Urheberrecht abgelaufen ist. Die sind zwar alle gratis, das macht das Angebot aber auch nicht besser. Immerhin existiert ein App für den Onlineshop Amazon. Damit kann man digitale Bücher lesen, die man für das Lesegerät «Kindle» kaufte.
Einsilbig gibt sich das iPad auch beim Kommunizieren: Nicht einmal einen USB-Anschluss spendierte Apple dem Gerät.
© Aargauer Zeitung / MLZ; 28.05.2010
(more…)