Christian Bütikofer
Die Piratenpartei Schweiz geniesst grosse Medienaufmerksamkeit. Das Gleiche gilt für ihren jungen Präsidenten, Denis Simonet (TA vom 14. Juli). Die Gruppierung stammt ursprünglich aus Schweden, ist in mehreren Ländern aktiv und setzt sich für die Abschaffung des Urheberrechts ein. Sie will Downloads im Internet legalisieren und wehrt sich gegen die Internetüberwachung durch den Staat. Die Piraten wollen sich nicht ins Links-rechts-Schema einordnen lassen. Statt auf Meinung setzen sie auf, wie sie sagen, «ideologiefreie Fakten» von Experten.
Es ist nicht die erste Bewegung dieser Art in der Schweiz. Bereits 1998 haben im Sog der ersten Web-Welle Leute in der Schweiz eine solche Partei lanciert: die Internetpartei. Deren Exponent war Guido Honegger, Gründer und ehemaliger CEO des Internetproviders Green.ch sowie Ex-Vizepräsident des FCZ. Auch die Internetpartei wollte sich damals nicht ins Links-rechts-Schema pressen lassen, auch sie verstand sich als «Kompetenz-Zentrum» in Sachen Web. Und auch Honegger wehrte sich einst gegen den Einwand, man sei eine Einthemenpartei – wie jetzt Denis Simonet.
Knochenarbeit war zu viel
Bereits ein Jahr später war die Internetpartei am Ende. Eine Partei, die auf drängende gesellschaftliche Fragen keine Antworten weiss, hat kein langes Leben. Grossen Ankündigungen – Honegger rechnete mit über 100 000 Mitgliedern in einem Jahr – hätte die tägliche Knochenarbeit folgen sollen. Eine Initiative zur elektronischen Abstimmung kam aber nie zustande. Die Köpfe der Internetpartei waren den politischen Anforderungen nie gewachsen.
Die Piratenpartei konnte bisher einzig in Schweden reüssieren. Bei den Wahlen ins EU-Parlament gewann sie im Juni einen Sitz. Ohne die international beachtete Klage der Filmindustrie gegen Exponenten des Download-Portals The Pirate Bay wäre dieses Resultat kaum zustande gekommen.
Die Piratenpartei Schweiz versammelt auf Facebook heute über 3000 Mitglieder. Das ist einfacher zu erreichen und bedeutend billiger, als ein Referendum erfolgreich durchzustehen. Der grösste Erfolg für die Piratenpartei Schweiz wäre, wenn etablierte Parteien ihre Forderungen übernehmen würden.
Das sähe auch der schwedische EU-Abgeordnete der Piraten, Christian Engström, gern. Damit hätte man das Ziel erreicht und würde sich selbst abschaffen, sagte er dem «Spiegel».
© Tages-Anzeiger; 21.07.2009