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«Schweizer Firmen sollen an Spammern ein Exempel statuieren»

Friday, March 30th, 2007
Ab April ist Spam hier illegal. Ob dies zu weniger E-Mail-Müll führt, bleibt offen. Die Schonzeit für Spammer aber ist vorbei.

Mit Hans Kaufmann* sprach Christian Bütikofer

Ab dem 1. April können die Behörden Spammer bekämpfen. Doch diese Szene operiert international. Sind die Schweizer Behörden überhaupt in der Lage, solche Verflechtungen auszuheben?

Es ist sicher eine Herausforderung für die Behörden. Aber ohne Gesetz kann man schon gar nichts ausrichten. Wir betreten hier Neuland, aber wir haben immer die Möglichkeit, das Gesetz nachzubessern, sollte es sich als zu wenig praxisnah erweisen.

Wann waren Sie als SVP-Nationalrat das letzte Mal mit SP-Politikern in einem Wirtschaftsgeschäft gleicher Meinung?

Das gibt es selten, eigentlich nie. Ausser bei diesem Antispamartikel, denn jeder hat einen PC zu Hause und leidet unter Spam, egal welche politische Farbe man hat.

Sie haben darauf bestanden, dass nicht nur die Spam-Versender illegal handeln, sondern auch die Spam-Veranlasser, also die wirtschaftlichen Nutzniesser.

Das ist der springende Punkt, weil der Spamversand ins Ausland verlegt werden könnte, während der Profiteur sich hier ein schönes Leben macht. Man muss auf die Hintermänner los, denn sie kassieren das dicke Geld. Die blossen Spamversender haben oft nicht genug Geld, um einen Schaden wieder gutzumachen.

Spammer verstossen in Zukunft gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Höchststrafe beträgt 100 000 Franken. Ein Profispammer zahlt diesen Betrag doch aus der Portokasse. Das Strafmass sollte längst nach oben angepasst werden.

Ich sehe durchaus, dass man gerade wegen der wirtschaftlichen Bedeutung das Strafmass neu festsetzen muss. Jetzt soll man aber zuerst Erfahrungen sammeln. Was Sie auch sehen müssen: Wenn einer einmal verurteilt ist, hat er schon auch seine Nachteile – ich denke an Bankkredite und Ähnliches.

Spam war spätestens seit 2000 ein nationales Thema, als auf einer CD, genannt «Black Book», über 450 000 Schweizer-E-Mail-Adressen zum Kauf angeboten wurden. Warum brauchte es sieben Jahre, bis die Politik zu einem Ergebnis kam?

Es ist beim Bund in der Regel so, dass man eine lange Durchlaufzeit hat. Manchmal sind Gesetze schon wieder überholt, wenn sie verabschiedet wurden, oder das Problem löste sich von selbst. Im Fall der Spambelästigungen sind die Sorgen und Qualen aber immer grösser geworden. Das ist genau der Grund, warum man den Antispamartikel so rasch ins Fernmeldegesetz einbauen konnte. Denken Sie daran: 2004 wurde die Initiative gestartet, heute haben wir das Gesetz. Die Mühlen mahlen langsam in Bern, darum ist selbst die Zeitspanne von drei Jahren kurz.

Bei der Antispaminitiative war auch Microsoft eine treibende Kraft im Hintergrund. Sind Sie der verlängerte Arm Microsofts in Bern?

Nein. Ich habe Personen von Microsoft bei einem Golfturnier kennen gelernt. Damals klagte ich, ob man nicht etwas gegen Spam machen könnte. Als in den USA ein Antispamgesetz verabschiedet wurde, kamen wir dann nochmals ins Gespräch.

Glauben Sie daran, dass grössere Schweizer Unternehmen bei zukünftigem Spamversand klagen werden?

Ich hoffe, dass vor allem grössere Firmen hier einmal ein Exempel statuieren. Dafür prädestiniert sind Firmen, die auf dem Informatikgebiet tätig sind; sie haben auch die entsprechenden Kenntnisse.

Spambekämpfung war schon immer ein Anliegen des Konsumentenschutzes. Nun hat SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga eine Initiative eingereicht, um Konsumenten bei Online-Käufen besser zu schützen, zum Beispiel mit einem Widerrufs- und Umtauschrecht. Wie stellen Sie sich zu dieser Forderung?

Für mich sind auch hier gewisse Regeln notwendig. Ich glaube nicht, dass einem Rückgaberecht von bürgerlicher Seite grosse Widerstände erwachsen werden. Wenn man schon etwas kauft, das man nicht unmittelbar greifen und austesten kann, soll man auch vor Betrug geschützt werden. Und leider ist es so, dass im Internet viele Betrügereien stattfinden. Von daher werden wir nicht darum herum kommen, auch in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Auch hier glaube ich, dass das letztlich nicht ein Links-rechts-Problem sein wird.

*Hans Kaufmann ist Nationalrat der Zürcher SVP. Seine Antispam-Initiative haben über 100 Nationalräte und -rätinnen von links bis rechts unterstützt.

© Tages-Anzeiger; 30.03.2007