Dubiose Angebote aus Luzern

Weltweit betreiben eine Adressbuchfirma und zwei Inkassounternehmen seltsame Geschäfte aus der Schweiz – seit Jahren. Nun gabs Besuch von der Polizei.

Von Christian Bütikofer

Die Polizei klopfte bei beiden um 8 Uhr an. Michael Röwe, Geschäftsführer der Firma Novachannel, und Alexander Zweigart, Boss der Firma Premium Recovery, mussten den Luzerner Untersuchungsbehörden am 5. Juli sämtliche Geschäftsakten ihrer Firmen abliefern. Die Justiz verdächtigt die Unternehmen unlauterer Wirtschaftsmethoden: Röwes Novachannel verschickt Formulare für Adressbücher, die vorgeben, gratis zu sein. Im klein Gedruckten verstecken sich horrende Eintragskosten. Zweigarts Premium Recovery sorgt dann bei Hereingefallenen mit massivem Druck und haltlosen Gerichtsdrohungen fürs Inkasso. Beide operieren weltweit.

Was aussieht wie das ausgeklügelte Geschäft zweier gewitzter Figuren, täuscht. Sie sind Teil einer regelrechten Adressbuchschwindelindustrie, die mindestens seit 17 Jahren aus der Schweiz heraus planmässig betrieben wird. Neben den hier des unlauteren Wettbewerbs angeschuldigten Firmen Novachannel, Premium Recovery und OVAG International existieren im In- und Ausland x weitere Unternehmen. Zusammengehalten werden viele von ihnen durch die Maiwolf Holding.

Umsatteln aufs Pornogeschäft

Diese Holding wird durch Rechtsanwalt Heinz Mäusli vertreten, ein Freimaurer, der schon mal einen Rechtsextremen und den Arzt Walter Fischbacher verteidigte, der rassistische Schriften verbreitete.

Es hat lange gedauert, bis die beiden Deutschen Röwe und Zweigart aus Hamburg hier den Behörden bekannt wurden. Mindestens seit 1991 hält sich Röwe in der Schweiz geschäftlich im Adressbuchschwindel-Umfeld auf; Zweigart ist hier ebenfalls schon lange mit dabei. Das Handwerk für ihr heutiges Treiben lernten sie im Luzerner Inkassounternehmen OVAG International, das ebenfalls jahrelang und weltweit massiven Druck auf Hereingefallene der Adressbuchschwindelfirmen ausübte.

Ende 2001 verlässt Röwe die OVAG und wird Chef der Novachannel. Die Mission: Einstieg ins Pornogeschäft mit Unterstützung deutscher Programmierer aus Bayern. Für die gründet man nach der Novachannel-Entstehung eine weitere Firma: die Eye Net Medienagentur. Beide gibts im Doppelpack: In Deutschland und der Schweiz existieren sowohl eine Firma namens Novachannel als auch Eye Net.

In Novachannel Deutschland ist der Luzerner Diamantenhändler Adam Krbalek Geschäftsführer. Er war einer der Hauptdrahtzieher der Firma Heim-Arbeit Index, die sich aufs Ausnehmen Arbeitsloser spezialisierte. Die Firma suggerierte Jobsuchenden Stellen und kassierte stattdessen vor allem Gebühren ab. Neben Novachannel Deutschland leistete Krbalek für weitere Maiwolf-Firmen immer wieder langjährige Dienste.

Besinnung auf alte «Tugenden»

Ende 2003 entsteht die Premium Recovery. Auch Alexander Zweigart verlässt die OVAG und setzt alles daran, dass seine Funktion im neuen Inkassounternehmen nicht bekannt wird. Doch ein internes Dokument, das dem TA vorliegt, zeigt, dass Zweigart alle Fäden der Premium in der Hand hält. Premium Recovery übernimmt von nun an alle Inkassofälle der OVAG, die Maiwolf-Adressbuchverlage betreffen.

Die Pornogeschäfte laufen schlecht bei Novachannel, und so erinnert man sich in Luzern wieder der alten «Tugenden»: Adressbuchschwindel. Bald schon verschickt Röwes Novachannel neue Formulare im gleichen alten Stil.

Gleichzeitig ging die Firma rabiat gegen Privatpersonen vor, die sich im Internet kritisch über das Novachannel-Geschäftsgebahren äusserten. In der Schweiz wurde eine Person auf Schadenersatz von 150 000 Franken angeklagt. Dies obwohl das unseriöse Geschäftsgebaren von Novachannel von der Schweizerischen Lauterkeitskommission zweifelsfrei festgestellt wurde.

Darlehen aus Liechtenstein

Immer wieder wenns um Dienstleistungen für Maiwolf-Holding-Firmen geht, taucht der Name Gust Eugster auf. Er nimmt Verwaltungsratsmandate an und stellt mit der Datarevisa, bei der er auch die Finger im Spiel hat, die Revisionsstelle. Guido August Eugster ist ein ganz alter Hase im Adressverzeichnisgeschäft: Bevor die Datarevisa ein Treuhandunternehmen wurde, faxte sie in den Neunzigerjahren unter dem Namen Datafax Appenzell weltweit dubiose Formulare an Firmen.

Eugster bringt Verbindungen nach Liechtenstein mit, und auch dort geschehen seltsame Dinge: Die Executiv aus Vaduz gewährt Maiwolf-Leuten grosszügige Darlehen. In den Bilanzen ist ein «Mäusli/Chvalovsky» genanntes Darlehen für 2,5 Millionen Franken vorhanden. Auch findet sich «Maiwolf Holding» mit 200 000 Franken aufgeführt, und «Röwe» bescheidet sich mit 90 000 Franken. Auch auf die Frontmänner der Executiv trifft man bei Recherchen über Maiwolf-Firmen am Laufmeter.

© Tages-Anzeiger; 07.09.2005

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